Ins Deutsche übersetzt nach der englischen Vorlage
Edward G. Browne, A Traveller's NarrativeComposed A.D. 1886 by Abbás Efendí, Son of Bahá'u'lláh
Being an Authentic Description of the Persian Bábí Movement, Bábism, c. 1844-1886
Cambridge University Press 18913. Ausgabe des englischen Textes Wilmette, Ill., 1980
(c) Bahá'í-Verlag GmbH, 65719 Langenhain 1997 - 154, ISBN 3 87037 328 8, (422-151)
InhaltVon Abdu'l-Bahás Schriften historischen und biographischen Inhalts sind `Vorbilder der Treue`, `Erinnerungen an frühe Gläubige`, und `Das Geheimnis göttlicher Kultur`, welches geschichtliche und gesellschaftliche Probleme Persiens und der Welt des neunzehnten Jahrhunderts beleuchtet, seit langem bekannt. `A Traveller's Narrative`, ein flammendes Plädoyer für Toleranz und Gewissensfreiheit, das hier erstmals auf deutsch vorgelegt wird, beschreibt Geschehnisse im Zusammenhang mit Leben und Wirken des Báb, des Stifters der Bábí-Religion und prophetischen Herolds Bahá'u'lláhs, des Stifters der Bahá'í-Religion.
Der britische Orientalist E. G. Browne, der 1890 in Bahjí bei Akká Bahá'u'lláh aufsuchte, bekam die von Abdu'l-Bahá verfaßte Schrift, die keine Angabe über den Autor enthielt, geschenkt. Browne war ein eifriger Sammler von Bábí- und Bahá'í-Schriften. Er veröffentlichte den persischen Text dieses Buches und eine englische Übersetzung zusammen mit einer ausführlichen Einleitung und zahlreichen Anmerkungen in zwei Bänden 1891 durch Cambridge University Press; ein Nachdruck in einem Band erschien 1975 durch Philo Press in Amsterdam. Eine Ausgabe des englischen Textes erschien 1980 im Bahá'í Publishing Trust, Wilmette, Ill.
Der englische Text ist nach Absätzen gegliedert, die in der vorliegenden deutschen Ausgabe fortlaufend gezählt werden.¹
¹ Der Zählung zugrundegelegt wurde die Textausgabe Wilmette 1980 - einzige Abweichung von der Erstausgabe: Dort sind die Abschnitte 85 und 86 einer. Numeriert sind alle Einrückungen bis auf 6 Ausnahmen: die einzelstehenden Formeln vor 87 (p.42 `So again:`), 120 (p.63 Anrufung), 131, 132, 133 (p.68-69 jeweils: `So likewise He saith:`), nach 133 (p.69 `Finis`)
Um den Leser mit den Begriffen und Namen des schiitisch-islámischen Hintergrundes bekannt zu machen, vor dem die erzählten Geschehnisse spielen, wurden einige erläuternde Fußnoten, ein kurzes Glossar und ein Stichwortregister beigefügt. Zitate aus Schriften Bahá'u'lláhs sind im englischen Text E. G. Brownes nicht nachgewiesen; sie wurden hier, soweit sie erkennbar sind, nach vorhandenen Textausgaben (z.B. Ährenlese, Botschaften aus Akká, Die Verborgenen Worte) wiedergegeben, die zuweilen von Brownes Übersetzung etwas abweichen. Die Umschrift persischer und arabischer Namen und Begriffe richtet sich nach den im Bahá'í-Schrifttum üblichen Regeln.
Auf Pfaden der GottesliebeKommt man auf die Gestalt zu sprechen, die man als den Báb kennt, und will wissen, was Seine Gemeinde wirklich ist, so bekommt man viele Märchen aus aller Munde zu hören; in persischen Geschichtsbüchern und europäischen Chroniken stehen vielerlei Geschichten. Doch weil deren Behauptungen so unterschiedlich, die Erzählungen so verschieden sind, ist keine so glaubwürdig, wie sie sein sollte. Manche sind voll schärfster Kritik und ablehnend, manch ausländischer Bericht ist um Anerkennung bemüht, und bestimmte Autoren zeichneten auf, was sie selbst gehört haben, ohne sich auf Kritik oder Beifall einzulassen.
ATN +2Da man diese verschiedenen Berichte in anderen Büchern nachlesen kann und es zu weitschweifig wäre, wollte man sie alle zitieren, soll hier in Kürze die Geschichte der Bewegung dargestellt werden - und was ich mit größtmöglicher Sorgfalt auf meinen Reisen gesammelt habe - aus allen Teilen Persiens, nah und fern, von Ortsfremden und Einheimischen, von Freunden und Feinden - und worüber Einmütigkeit herrscht, damit, wer nach dem Brunnen des Wissens dürstet und mit allen Geschehnissen vertraut werden will, eine Zusammenfassung des Tatbestandes zur Hand nehmen kann.
ATN +3Der Báb war ein junger Kaufmann reiner Abstammung¹. Er wurde im Jahre 1235 (nach der Hedschra) am ersten Tag des Muharram² geboren, und nachdem Sein Vater Siyyid Muhammad-Ridá wenige Jahre später gestorben war, wuchs Er in der Obhut Seines Onkels von Mutterseite, des Kaufmanns Mirza Siyyid 'Alí, in Shíráz auf. Nachdem Er das Reifealter erreicht hatte, führte Er ein Handelsgeschäft in Búshihr, zunächst als Partner Seines Onkels und später selbständig. Nach allem, was man von Ihm weiß, war Er bekannt für Seine gottesfürchtige Rechtschaffenheit, Seine tugendhafte Frömmigkeit, und in den Augen der Menschen entsprach dies wirklich Seinem Wesen.
¹ d.h. von Muhammad ² 20.Oktober 1819
ATN +4Als Er im Jahre 1260 (d.H.) in Seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr stand, zeigten sich in Seinem Verhalten, Seinen Lebensgewohnheiten und Seinem Auftreten bestimmte Züge, die in Shíráz deutlich machten, daß Er einen geistigen Kampf in sich austrug, daß Seine Schwingen Ihn zu höheren Zielen trugen. Er begann zu reden und beanspruchte die Stufe des Báb¹. Was Er mit der Bezeichnung Báb (das Tor) ausdrücken wollte, war, daß Er den Weg zu bahnen hatte für die Gnade einer großen, noch hinter dem Schleier der Herrlichkeit verborgenen Persönlichkeit, welche im Besitz unzähliger grenzenloser Vollkommenheiten ist - eine Person, durch deren Willen Er sich bewege und an deren Liebesbund Er sich klammere. Und im ersten Buch, das Er zur Erläuterung der Sure Josef² schrieb, richtete Er sich mit jedem Satz an diesen Unsichtbaren, von dem Er Beistand und Gnade empfing, ersuchte Ihn um Hilfe bei der Wegbereitung für Sein Kommen und gab Seiner Sehnsucht Ausdruck, das Leben auf dem Pfad Seiner Liebe zu opfern.
¹ am 23. Mai 1844 ² Quran 12
ATN +5So findet sich unter anderem der Satz: "O Du Spur Gottes! Dir habe ich mich ganz geopfert; um Deinetwillen habe ich Flüche auf mich genommen, und auf dem Pfade Deiner Liebe habe ich nur den Märtyrertod ersehnt. Gott, der Erhabene, genügt als ewiger Schutz."¹
¹ vgl. Báb, Schriften 2:29:1; hier lautet der letzte Satz: `Gott, der Erhabene, der Beschützer, der Altehrwürdige der Tage, genügt mir als Zeuge.`
ATN +6Auch verfaßte Er eine Anzahl Arbeiten zur Erläuterung von Quranversen, Predigten und Gebeten in arabischer Sprache und forderte die Menschen eindringlich auf, das Erscheinen dieser Person zu erwarten. Die Bücher nannte Er "Beseelte Blätter" und "Worte des Gewissens". Aber bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, daß Er keinen Anspruch auf Offenbarung durch einen Engel erhob.¹
¹ Anspielung auf Muhammad, von dem überliefert wird, daß Ihm Gabriel, der Engel der Offenbarung, den Quran diktierte; vgl. Quran 96:1-5; 74:1-7
ATN +7Das war in den Augen der Menschen übernatürlich, denn es war bekannt, daß Er keine theologische Ausbildung hatte. Einige fühlten sich von Ihm angezogen, der größere Teil aber bekundete starkes Mißfallen, während all die gelehrten Doktoren und angesehenen Juristen, die Stühle, Altäre und Kanzeln innehatten, einhellig für die Unterdrückung und Ausrottung [dieser Häresie] stimmten, ausgenommen einige Geistliche der Shaykhí-Schule, Klausner und Einsiedler, die entsprechend ihrer Lehre immer nach einer großen, unvergleichlichen, vertrauenerweckenden Person gesucht hatten, die sie gemäß ihrer eigenen Terminologie als den `Vierten Pfeiler`¹ und die zentrale Manifestation der Wahrheiten der `Deutlichen Religion` betrachteten.
¹ Rukn-i-Rábí': Nach schiitischem Glauben ein vollkommener Mensch als Mittler göttlicher Gnade; siehe Glossar
ATN +8Aus diesem Kreis kamen Mullá Husayn aus Bushrúyih, Mirza Ahmad aus Azghand, Mullá Sádiq Muqaddas (`der Heilige`), Shaykh Abú-Turáb aus Ishtihárd, Mullá Yúsuf aus Ardibíl, Mullá Jalíl aus Urúmíyyih, Mullá Mihdí aus Kand, der Inder Shaykh Sa'id, Mullá 'Alí aus Bastám und andere zu Ihm und verteilten sich anschließend über ganz Persien.
ATN +9Der Báb selbst machte sich auf, das Haus Gottes zu umschreiten.¹ Als die Nachricht von Seiner Rückkehr nach Búshihr in Shíráz eintraf, wurde viel getuschelt, und in der Stadt kam eine sonderbar gereizte Unruhe auf. Die meisten Doktoren versteiften sich darauf, Ihn nicht anzuerkennen, und sannen auf Tod und Verderben; sie brachten den Gouverneur von Fárs, Husayn Khán Ajúdán-báshí, dazu, die Sendboten des Báb, in diesem Fall Mullá Sádiq Muqaddas, auspeitschen zu lassen; dann brannten sie ihm sowie Mirza Muhammad-'Alí aus Bárfurúsh und Mullá Alí-Akbar aus Ardistán die Bärte ab, legten den drei Männern Halfter an und trieben sie durch die Straßen und Basare.
¹ d.h. Er brach zur Pilgerfahrt nach Mekka aufUnd weil die persischen Schriftgelehrten von Staatskunst nichts verstehen, dachten sie, man könne die Sache mit Gewalt ersticken und zum Schweigen bringen, damit sie aus der Welt und in Vergessenheit geriete; doch wenn man sich in Gewissensangelegenheiten einmischt, wirkt dies, wie die Erfahrung immer wieder bestätigt, nur festigend, es erregt Aufmerksamkeit und zieht die Seelen an. So sorgte diese Strafe für öffentliches Aufsehen und bewog viele Menschen dazu, sich zu erkundigen.
ATN +11Der Gouverneur von Fárs tat, was den Doktoren ratsam schien, schickte mehrere Berittene, ließ den Báb vorführen, tadelte und schalt Ihn vor den anwesenden Doktoren und Gelehrten und forderte Seinen Widerruf. Und als der Báb die Vorwürfe zurückwies und sich behauptete, beleidigten und beschimpften sie Ihn, und auf einen Wink des Vorsitzenden versetzten sie ihm einen so heftigen Schlag, daß Ihm der Turban vom Kopf fiel und auf Seinem Gesicht sich der Striemen von dem Schlag abzeichnete. Am Ende der Zusammenkunft beschlossen sie zu beraten, und nachdem sich Sein Onkel Hájí Siyyid Alí für Ihn verbürgt und Sicherheit geleistet hatte, schickten sie Ihn nach Hause und verboten Ihm jeden Verkehr mit Vertrauten und Fremden.
ATN +12Eines Tages riefen sie Ihn in die Moschee und nötigten Ihn heftig zu widerrufen, Er aber redete von der Kanzel in einer Weise, daß die Anwesenden überwältigt verstummten, während Seine Anhänger an Glaubensgewißheit erstarkten. Man nahm damals an, Er erhöbe den Anspruch, Träger der Gnade des hohen Herrn des Zeitalters - Friede sei mit Ihm - zu sein, aber später erkannte man deutlich, daß Seine Bedeutung darin lag, das Tor zu einer anderen Stadt zu sein [ Bábí'yyat¹] und Mittler für die Gnade eines anderen, dessen Eigenschaften und Attribute in Seinen Büchern und Abhandlungen verzeichnet waren.
¹ `Stufe des Tores` ; siehe GlossarJedenfalls schwirrten die Gerüchte, weil, wie gesagt, die Schriftgelehrten in Verwaltungsdingen weder Erfahrung noch Fähigkeiten besaßen und eine Flut von Beschlüssen faßten. Ihr Streit mit dem Báb löste Tumult in ganz Persien aus, schuf wachsende Begeisterung bei den Freunden und ermutigte die Zögernden zum Aufbruch. Denn durch diese Vorkommnisse nahm das Interesse der Menschen zu, und überall in Persien kehrten sich Diener [Gottes] Ihm zu, bis die Angelegenheit solches Gewicht gewann, daß der verstorbene König Muhammad Sháh¹ eine Persönlichkeit wie Siyyid Yahyá aus Dáráb - einen der bekanntesten Gelehrten und Siyyids, Gegenstand der Verehrung und des Vertrauens - beauftragte, sich mit Pferd und Geld für die Reise versehen, nach Shíráz zu begeben und die Angelegenheit dort zu untersuchen.
¹ Muhammad Sháh starb am 4. September 1848, die englische Übersetzung von `A Traveller's Narrative` erschien erstmals 1891
ATN +14Als der Siyyid nach Shíráz kam, führte er mit dem Báb drei Gespräche. Bei den ersten beiden Begegnungen wechselten Frage und Antwort; bei der dritten bat er um einen Kommentar zur Sure Kawthar¹, und als der Báb, ohne im geringsten zu überlegen, in seiner Gegenwart einen kunstvollen Kommentar zur Sure Kawthar niederschrieb, war der Siyyid entzückt und für Ihn gewonnen, er eilte auf der Stelle, unbesorgt ob seiner Zukunft oder der Folgen seiner Liebe, nach Burújird zu seinem Vater Siyyid Ja'far, bekannt als Kashfí, und machte ihn mit der Sache vertraut. Und wenngleich er ein kluger Kopf war, der die Erfordernisse der Zeit in Betracht zu ziehen pflegte, schrieb er unbekümmert einen ausführlichen Bericht über seine Beobachtungen an den Haushofmeister Mirza Lutf-'Alí, damit dieser ihn dem König zur Kenntnis bringe, indessen er selbst durch ganz Persien reiste und von den Kanzeln herab die Menschen in allen Städten und Plätzen zusammenrief, so daß andere gelehrte Doktoren zu dem Schluß kamen, daß er verrückt sein müsse, und dies als klaren Fall von Verhextheit ansahen.
¹ Quran 108Als nun die Nachricht von den Schlußfolgerungen der Doktoren und das Geschrei der Rechtsgelehrten nach Zanján drangen, sandte der Geistliche Mullá Muhammad-Alí, ein überzeugend redegewandter Mann, einen Vertrauensmann nach Shíráz, um die Angelegenheit untersuchen zu lassen. Nachdem dieser Mann sich gebührend mit den Vorkommnissen bekannt gemacht hatte, kehrte er mit einigen Schriften [des Báb] zurück. Als der Geistliche hörte, wie die Sache stand, und sich mit den Schriften vertraut gemacht hatte, verlor er, ungeachtet der Tatsache, daß er als erfahrener und hochgelehrter Mann bekannt war, die Fassung, wie das Schicksal es wollte: Er packte seine Bücher im Studierzimmer zusammen und sagte: "Die Zeit des Frühlings und des Weins ist da", und tat den Spruch: "Nach Wissen suchen, wo man Wissen schon hat, ist sträflich." Dann forderte er von der Kanzel herab alle seine Schüler auf, [die Lehre anzunehmen]. Danach schrieb er an den Báb und bekannte sich zum Glauben.
ATN +16In Seiner Antwort verdeutlichte ihm der Báb die Pflicht des Gemeinschaftsgebets.
ATN +17Obwohl die Doktoren von Zanján mit Herz und Seele ans Werk gingen, die Menschen zu ermahnen, erreichten sie nichts. Schließlich sahen sie sich veranlaßt, sich an Tihrán zu wenden und sich bei dem damaligen König Muhammad Sháh zu beschweren und ihn zu bitten, Mullá Muhammad-Alí nach Tihrán vorzuladen. So erging der königliche Befehl, daß er erscheinen solle.
ATN +18Als er nach Tihrán kam, führte man ihn vor eine Versammlung von Schriftgelehrten, aber wie berichtet wird, kam man mit ihm nach vielen Disputen zu keinem Ergebnis. Der König verlieh ihm einen Stab¹, schenkte ihm fünfzig Túmán zur Bestreitung seiner Reisekosten und erlaubte ihm heimzukehren.
¹ Insignie eines MulláJedenfalls verbreitete sich diese Neuigkeit in ganz Persien, und mehrere Bekehrte kamen nach Fárs. Da begriffen die Schriftgelehrten, daß die Sache wichtig wurde, daß ihren Händen die Macht, damit umzugehen, entglitten war und daß Kerker, Prügel, Folter und Schmähungen fruchtlos blieben. Daher bedeuteten sie Husayn Khán, dem Gouverneur von Fárs: `Wenn du das Feuer löschen und die Spaltung sicher aufhalten willst, gibt es entschieden nur ein wirksames Mittel: den Báb zu töten. Außerdem hat der Báb ein großes Heer versammelt und plant einen Aufstand.`
ATN +20Also befahl Husayn Khán dem Polizeichef Abdu'l-Hamíd Khán, das Haus des Mutteronkels des Báb um Mitternacht von allen Seiten zu überfallen und ihm den Báb und Seine Anhänger in Handschellen vorzuführen. Aber Abdu'l-Hamíd Khán und seine Truppen fanden im Haus nur den Báb, Seinen Onkel und Siyyid Kázim aus Zanján vor. Und zufällig brach gerade in dieser Nacht bei extrem heißem Wetter eine Seuche aus und veranlaßte Husayn Khán zur Flucht. So entließ er den Báb unter der Auflage, die Stadt zu verlassen.
ATN +21Am Morgen danach machte sich der Báb mit Siyyid Kázim von Shíráz auf nach Isfahán. Bevor sie dort ankamen, schrieb Er einen Brief an den Mu'tamidu'd-Dawlih, den Gouverneur der Provinz, und bat um eine geeignete, von der Regierung genehmigte Unterkunft. Der Gouverneur wies Ihm das Haus des Imám-Jum'ih zu. Dort wohnte Er vierzig Tage lang und schrieb eines Tages auf Ersuchen des Imáms in dessen Anwesenheit ohne lange zu überlegen einen Kommentar zur `Sure V'al-'Asr`¹. Als der Mu'tamid davon hörte, ersuchte er um ein Gespräch mit Ihm und fragte Ihn nach der `Besonderen Mission`. Bei diesem Gespräch wurde eine Antwort zum Beleg der `Besonderen Mission` niedergeschrieben.
¹ Quran 103Da gab der Mu'tamid den Befehl, daß alle Schriftgelehrten zusammenkommen und auf einer gemeinsamen Sitzung mit dem Báb diskutieren sollten und daß sein Privatsekretär die Diskussion wortwörtlich mitschreiben solle, damit die Aufzeichnung nach Tihrán gesandt, und was des Königs Erlaß dann verfüge, ausgeführt werde.
ATN +23Aber weil die Schriftgelehrten meinten, daß dieser Plan das Gesetz umgehe, waren sie nicht damit einverstanden, sondern hielten eine Sitzung ab und schrieben: `Zusammenkunft und Diskussion sind dann nötig, wenn ein Zweifel über eine Sache besteht, da diese Person aber klarer als die Sonne im Widerspruch zum leuchtendsten Gesetz steht, ist es am besten, den Spruch des Gesetzes anzuwenden.`
ATN +24Da wünschte der Mu'tamid, daß die Zusammenkunft in seiner Gegenwart stattfinde, damit die Wahrheit aufgedeckt und die Herzen beruhigt werden, aber mit Ausnahme des äußerst belesenen Weisen Aqá Muhammad-Míhdí und des bedeutenden Platonisten Mirza Hasan aus Nur billigten diese klugen Schriftgelehrten und ehrenwerten Scholaren, die das klare Gesetz nicht verachtet sehen wollten, keine Diskussion und keine Auseinandersetzung mit einem jungen Kaufmann. Also beschränkte sich die Versammlung auf Fragen zu bestimmten Punkten der fundamentalen Dogmenlehre und die Erklärung der Lehrsätze des Mullá Sadrá. Da der Gouverneur nach dieser Konferenz zu keinem Schluß gelangen konnte, wurde der strenge Urteilsspruch der gelehrten Doktoren nicht ausgeführt. Weil er aber besorgt war, die große Unruhe schnell zu besänftigen und einen öffentlichen Tumult wirksam zu verhindern, setzte er das Gerücht in Umlauf, ein Erlaß habe den Báb nach Tihrán befohlen, damit man die Sache endgültig beilegen oder ein beherzter Geistlicher [Ihn] widerlegen könne.
ATN +25Dementsprechend ließ er Ihn mit einer Abteilung seiner berittenen Leibgarde aus Isfahán fortreiten. Als sie aber nach Múrchih-Khár¹ gelangten, ließ er Ihn durch geheimen Befehl nach Isfahán zurückkehren, wo er Ihm unter seinem eigenen Dach Zuflucht und Asyl bot, und keine Seele außer den vertrauenswürdigen Angehörigen des Mu'tamid wußte etwas von der Anwesenheit des Báb.
¹ siehe GlossarAuf diese Weise vergingen vier Monate, und der Mu'tamid verschied zur Barmherzigkeit Gottes. Gurgín Khán, der Neffe des Mu'tamid, wußte vom Aufenthalt des Báb in den Privatgemächern und stellte die Angelegenheit dem Premierminister dar. Hájí Mirza Aqásí, der berühmte Minister, befahl, den Báb heimlich und verkleidet, eskortiert von Nusayrí-Reitern, in die Hauptstadt zu schicken.
ATN +27Als sie nach Kinár-Gird¹ kamen, traf ein neuer Befehl vom Premierminister ein, der dem Báb den Weiler Kulayn als Wohnsitz zuwies. Dort blieb Er zwanzig Tage. Dann sandte der Báb einen Brief an den König und ersuchte um eine Audienz, um Seine Lage zu klären, in der Erwartung, daß dies sehr vorteilhaft sei. Der Premierminister vereitelte dies, indem er in der königlichen Gegenwart geltend machte: `Die königliche Reiterei ist im Aufbruch begriffen, und sich mit Fragen wie dieser zu beschäftigen, kann zum Zerfall des Reiches führen. Auch steht außer Zweifel, daß die angesehensten Doktoren der Hauptstadt sich genauso verhalten werden wie die Doktoren in Isfahán, was zum Volksaufstand führen wird, oder daß ihnen nach der Religion des unbefleckten Imáms² das Blut dieses Siyyids bedeutungslos ist, ja [es zu vergießen] rechtmäßiger als Muttermilch. Der kaiserliche Troß ist zum Aufbruch bereit, weit und breit kein Hindernis in Sicht. Zweifellos würde die Anwesenheit des Báb schwerste Unruhen und größtes Unheil verursachen. Darum ist es im Augenblick das Klügste, diese Person, solange der königliche Troß vom kaiserlichen Thronsitz abwesend ist, in der Festung Mákú unterzubringen und die Gewährung einer Audienz auf die Zeit nach der Rückkehr zu verschieben.`
¹ siehe Glossar ² die Schia
ATN +28Entsprechend dieser Ansicht wurde ein Brief von Hand der Majestät an den Báb gerichtet, und nach dem überlieferten Bericht über dessen Inhalt lautete er auszugsweise wie folgt.
ATN +29(Nach den Titeln:) `Da der königliche Troß im Begriff steht, von Tihrán aufzubrechen, ist ein Zusammentreffen in angemessener weise nicht möglich. Gehe du nach Mákú und bleibe dort, ruhe eine Weile und bete für unseren siegreichen Staat. Wir haben dafür gesorgt, daß man dir unter allen Umständen Achtung entgegenbringt. Wenn wir von der Reise zurückkehren, werden wir dich besonders einladen.`
ATN +30Hiernach schickten sie Ihn fort nach Tabríz und Mákú, bewacht von einigen Berittenen, darunter dem Kurier Muhammad Big.
ATN +31Außerdem erzählen die Anhänger des Báb von einigen Botschaften - darunter ein Versprechen, den Fuß des verstorbenen Königs zu heilen unter der Bedingung, daß er Ihm ein Gespräch gewähre und die Tyrannei der Mehrheit abschaffe -, die der Báb Muhammad Big anvertraute, deren Übermittlung an den König der Premierminister aber verhindert habe, weil er selbst den Anspruch auf geistige Führerschaft erhob und bereit war, die Funktionen eines Geistlichen auszuüben. Andere dagegen stellen diese Erzählungen in Abrede.
ATN +32Jedenfalls schrieb der Báb auf der Reise einen Brief an den Premierminister und fragte darin: "Du riefest Mich von Isfahán, um die Schriftgelehrten zu treffen und die Sachlage endgültig zu klären. Was ist nun geschehen, daß dieser ausgezeichnete Plan ausgetauscht wurde gegen Mákú und Tabríz?"
ATN +33Obgleich Er vierzig Tage in der Stadt Tabríz blieb, ließen sich die Schriftgelehrten nicht herbei, zu Ihm zu kommen, sie hielten es nicht für richtig, Ihn zu treffen. Dann schickten sie Ihn fort in die Festung Mákú und steckten Ihn für neun Monate in die unerreichbare Burg inmitten jenes Hochgebirges. Und Alí Khán aus Mákú erwies Ihm in seiner übergroßen Liebe für die Familie des Propheten soviel Aufmerksamkeit, wie er konnte, und erlaubte [einigen Personen], mit Ihm zu verkehren.
ATN +34Als nun die hochgebildeten Geistlichen von Adhirbáyján merkten, daß um Tabríz herum überall soviel Tumult brodelte, als sei der jüngste Tag angebrochen, ersuchten sie die Regierung, die Anhänger [des Báb] zu bestrafen und den Báb in die Festung Chihríq fortzuschaffen. Also schickten sie Ihn dorthin und gaben Ihn dem Kurden Yahyá Khán in Obhut.
ATN +35Ruhm sei Gott! Ungeachtet dieser Beschlüsse großer Doktoren und würdiger Rechtsgelehrter und der strengen Strafen seitens der Regierenden - Schläge, Vertreibung, Kerker - wuchs die kleine Gemeinde täglich, und es gab soviel Diskussion und Streit, daß bei Treffen und Versammlungen überall in Persien nur über dieses Thema gesprochen wurde. Ein gewaltiger Aufruhr entstand: Die Doktoren der `Deutlichen Religion`¹ jammerten, das einfache Volk tobte aufgeregt, und die Freunde² frohlockten mit Beifall.
¹ der Islám ² Eigenbenennung der Bábí und Bahá'í
ATN +36Der Báb aber maß diesem Tumult keine Bedeutung bei, Er war, ob unterwegs oder auf den Festungen Mákú und Chihríq, morgens und abends, Tag und Nacht, immer nur damit befaßt, in höchster Verzückung und staunend über die Eigenschaften und die göttlichen Attribute jener abwesend-gegenwärtigen, geachteten und achtsamen Person¹ zu meditieren. So spricht Er einmal von Ihm in diesem Sinn:
¹ Ein Hinweis auf Bahá'u'lláh, "Er, den Gott offenbaren wird", als dessen Vorläufer der Báb sich betrachtete
ATN +37"Obwohl das Meer des Leides von allen Seiten tobt, die Pfeile des Schicksals rasch einander folgen und die Finsternis des Kummers und der Heimsuchungen Leib und Seele bedrückt, ist doch Mein Herz licht vom Gedenken an Dein Antlitz und Meine Seele ein Rosengarten, voll vom Duft Deines Wesens."
ATN +38Kurzum, nachdem Er drei Monate in der Festung Chihríq verbracht hatte, schrieben die hohen Schriftgelehrten von Tabríz und die Scholaren von Adhirbáyján nach Tihrán und verlangten eine strenge Bestrafung des Báb, weil Er das Volk einschüchtere und verschrecke. Als der Premierminister Hájí Mirza Aqásí aus allen Ecken Persiens den Aufruhr und das Geschrei der gelehrten Doktoren vernahm, machte er sich notgedrungen zum Komplizen und befahl, Ihn von Chihríq nach Tabríz zu bringen. Auf der Durchreise in Urúmíyyih behandelte Ihn der Bezirksgouverneur Qásim Mirza mit außerordentlicher Ehrerbietung, und wie selten strömten die Menschen, hoch und niedrig, herbei. Sie verhielten sich äußerst hochachtungsvoll.
ATN +39In Tabríz brachte man den Báb einige Tage nach Seiner Ankunft vor das Tribunal des Gouverneurs. Von den gelehrten Doktoren waren der Nizámu'l-Ulamá, Mullá Muhammad-i-Mámáqání, der Imám-Jum'ih Mirza Ahmad, der Shaykhu'l-Islám Mirza Alí-Asgbar und einige andere Geistliche zugegen. Sie stellten Fragen bezüglich der Lehrbehauptungen des Báb. Er erhob den Anspruch, der `Mihdí`¹ zu sein, worauf ein großer Tumult losbrach. Bedeutende, überaus machtvolle Doktoren umringten Ihn von allen Seiten, und die Orthodoxie setzte Ihm derart zu, daß es kein Wunder gewesen wäre, wenn der bescheidene junge Mann diesem Gebirge nicht standgehalten hätte. Sie verlangten Beweise. Ohne Zögern rezitierte Er Verse und sagte: "Dies ist für immer der mächtigste Beweis." Sie kritisierten Seinen Satzbau. Er führte Argumente aus dem Quran an und wies auf Beispiele ähnlicher Verstöße gegen die Regeln der Grammatik hin. So löste sich die Versammlung auf und der Báb kehrte in Seine Unterkunft zurück.
¹ Bahá'í-Umschrift für Mahdí (siehe Glossar)Den der Himmel zum Kronprinzen gemacht, war damals Gouverneur von Adhirbáyján. Er fällte kein Urteil über den Báb und wollte auch nichts mit Ihm zu tun haben. Aber die Schriftgelehrten hielten es für angebracht, wenigstens eine strenge Züchtigung über Ihn zu verhängen, und entschieden sich für die Prügelstrafe. Aber keiner von der Farraschenschaft¹ wollte das Werkzeug zum Vollzug dieser Strafe werden. Da nahm Ihn der Shaykhu'l-Islám Mirza Alí-Asgbar, ein erlauchter Siyyid, mit nach Hause und verabreichte Ihm die Stockhiebe eigenhändig. Dann schickten sie den Báb zurück nach Chihríq und unterwarfen Ihn einer strengen Haft.
¹ farrásh: Büttel, PolizistAls sich nun die Nachricht von den Schlägen, der Züchtigung, der Haft und all der Härte in ganz Persien herumsprach, gürteten die gelehrten Geistlichen und geschätzten Rechtsgelehrten, die das Sagen hatten und die Macht besaßen, ihre Lenden, um diese Gemeinde kleinzukriegen und auszurotten, und sie nahmen alle Kraft zusammen. Sie gaben schriftlich ihr Urteil zu Protokoll, `daß diese Person und ihre Anhänger völlig im Irrtum sind, schädlich für Religion und Staat`. Und die Gouverneure, die sich in Persien unbeschränkter Amtsgewalt erfreuten, richteten sich in einigen Provinzen nach diesem Urteil und wurden handgemein, die Bábí auszuMirzan und zu zerstreuen. Aber der damalige König Muhammad Sháh handelte bedachtsam in dieser Sache und überlegte: "Dieser Jüngling ist reiner Abstammung und aus der Familie des `nur um Deinetwillen`¹. Solange er nichts Anstößiges tut, das mit dem öffentlichen Frieden und dem Gemeinwohl unvereinbar wäre, sollte die Regierung nicht eingreifen." Und wann immer die gelehrten Doktoren aus den umliegenden Bezirken sich an ihn wandten, gab er entweder keine Antwort, oder befahl ihnen, mit Bedacht zu handeln.
¹ Nach einer bekannten Tradition sprach Gott zu Muhammad: "Wäre es nicht um Deinetwillen, hätte Ich die Himmel nicht erschaffen." Die Familie des "nur um Deinetwillen" bedeutet die direkte Nachkommenschaft des Propheten.
ATN +42Dessenungeachtet nahmen die Auseinandersetzungen, die Diskussionen und der Streit zwischen bedeutenden Doktoren und erlauchten Gelehrten mit ihren gebildeten Gegnern, den Anhängern des Báb, derart zu, daß sie in manchen Provinzen einander zum Teufel wünschten; für die Provinzgouverneure eröffneten sich daraus Möglichkeiten, Gewinne einzustreichen, so daß ein großer Tumult entstand. Und da die Gicht den Fuß des Königs heftig plagte und sein ganzes weltordnendes Denken in Anspruch nahm, wurde das Gutdünken des Premierministers, des berühmten Hájí Mirza Aqásí, zum Angelpunkt der Staatsgeschäfte, und klarer als die Sonne trat seine Unfähigkeit und Engstirnigkeit zutage. Denn von Stunde zu Stunde war er anderer Meinung und gab einen neuen Befehl: Jetzt unterstützte er die Schriftgelehrten und hielt die Unterdrückung und Ausrottung der Bábí für nötig, ein andermal warf er den Doktoren Angriffslust vor und betrachtete unangebrachte Einmischung als Unrecht, dann wieder wurde er zum Mystiker und sagte: `Alle Stimmen sind vom König`¹, oder plapperte: `Moses liegt im Krieg mit Moses`¹, oder: `Dies ist nur eine Prüfung von Dir.`² Kurz, dieser wankelmütige Minister handelte infolge seiner Mißwirtschaft in wichtigen Angelegenheiten und seines Versagens bei der Kontrolle und Regelung der öffentlichen Belange derart, daß sich aus allen Ecken und Enden Aufregung und Geschrei erhob: Der angesehenste und einflußreichste der Schriftgelehrten brachte das gemeine Volk dazu, die Anhänger des Báb zu bedrängen, und ein allgemeiner Sturm brach los. Besonders als den bedeutenden Geistlichen und weisen Doktoren der Anspruch auf den Rang des Mihdí zu Ohren kam, begannen sie auf ihren Kanzeln zu jammern und zu schreien und beklagten sich: `Ein Hauptzug der Religion und der authentischen, von den heiligen Imámen überlieferten Traditionen, ja die Hauptgrundlage für die Fundamente der Gemeinde seiner Hoheit Ja'far³ ist die Verborgenheit³ des unbefleckten zwölften Imáms - Friede sei mit beiden. Was geschah mit Jábulqá? Wohin schwand Jábulsá?³ Was war die kleine Verborgenheit? Was ist mit der großen Verborgenheit? Wie sind die Reden des Husayn ibn Rúh³ und wie die Tradition von Ibn Mihríyár?³ Was machen wir mit dem Flug der Hüter und Helfer?³ Wie halten wir es mit der Eroberung des Ostens und Westens? Wo ist der Esel des Antichristen?³ Wann wird der Sufyán³ erscheinen? Wo sind die Zeichen, die in den Traditionen der Heiligen Familie stehen? Wo ist das, womit der Siegreiche Glaube einverstanden ist? Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder müssen wir die Traditionen der heiligen Imáme zurückweisen, der Religion Ja'fars³ überdrüssig werden und die klaren Hinweise des Imáms als wirre Träume abtun, oder in Übereinstimmung mit den Haupt- und ergänzenden Lehren des Glaubens und den wesentlichen, klaren Aussagen des leuchtendsten Gesetzes die Zurückweisung, nein die Vernichtung dieser Person als unsere oberste Pflicht ansehen. Wenn wir unsere Augen vor diesen authentischen Überlieferungen und allgemein anerkannten deutlichen Lehrsätzen verschließen, wird nichts mehr bleiben von der fundamentalen Grundlage der Religion des unbefleckten Imáms: Wir werden weder Sunniten sein, noch der herrschenden Partei [4] angehören, die weiterhin den verheißenen Heiligen erwartet und an den gezeugten Mihdí glaubt. Andernfalls müßten wir die Öffnung der Pforte der Heiligkeit als zulässig ansehen und bedenken, daß Er, der sich aus der Familie Muhammads erheben wird, zwei Zeichen besitzt: erstens heilige Abstammung, zweitens, daß Er mit leuchtenden Versen [von Gott] gewappnet ist. Was sollen wir machen mit diesem jahrtausendalten Glauben der erlösten Schiitenschar, was sollen wir sagen zu ihren tiefschürfenden Doktoren und überragenden Geistlichen? Sollten sie sich alle geirrt haben? Wanderten sie alle im Tal der Übertretung? Das anzunehmen, ist offensichtlich völlig falsch! Bei Gott, die Sache kann uns das Kreuz brechen! O Menschen, löscht dieses Feuer und vergeßt diese Worte! Ach! Wehe unserem Glauben, wehe unserem Gesetzt.`
1 Jalálu'd-Dín Rúmí, Mathnaví', beliebtes Zitat der Súfí
² Quran 7:156 ³ siehe Glossar
[4] der Shí'iten. von shí'at Alí, die `Partei Alís`
ATN +43So jammerten sie in Moscheen und Kapellen, auf Kanzeln und wo sie sonst zusammenkamen.
ATN +44Aber die Bábíführer verfaßten Abhandlungen wider sie und veröffentlichten Gegendarstellungen aus ihrer Sicht. Sie im einzelnen zu besprechen, würde zu weit führen, unser Gegenstand ist die Geschichte, nicht Argumente für oder wider den Glauben; aber das Wesentliche einiger Entgegnungen ist, daß sie besonderen Wert auf rationale Beweisführung legten und die zwingende Evidenz für gewichtiger hielten als Traditionen, wobei sie erstere als Wurzel und die Tradition als Sproß betrachteten und sagten: "Wenn der Sproß nicht zur Wurzel paßt, taugt er nicht als Argument und ist nicht verläßlich; die überlieferte Folgerung hat kein Recht, sich gegen das herrschende Prinzip zu stellen, sie kann ihm nicht widersprechen." In solchen Fällen sahen sie in der [richtigen] Interpretation die eigentliche Wahrheit der Offenbarung und den Sinn wirklicher Exegese: So interpretierten sie zum Beispiel die Souveränität des Qá'im als eine mystische Souveränität, und Seine Siege als Siege über die Städte der Herzen, und als Beweis führten sie die Demut und das Scheitern des Königs der Märtyrer an - möge alles Leben ein Opfer für ihn sein. Denn er war das leibhaftige Beispiel für den gesegneten Vers: "Und daß Unsere Heerschar sicherlich siegreich sein wird"¹, dennoch trank er in vollkommener Demut den Kelch des Martyriums, und im Augenblick seiner völligen Niederlage triumphierte er über seine Feinde und wurde der Mächtigste unter den Höchsten Heerscharen. Ebenso führten sie die Vielzahl von Schriften, die der Báb ungeachtet Seiner mangelnden Ausbildung verfaßt hatte, auf Eingebung des Heiligen Geistes zurück, deckten Widersprüche in den Büchern bedeutender Gelehrter auf, führten Traditionen an, die offensichtlich zu ihrer eigenen Anschauung paßten, und argumentierten mit den Verheißungen früherer Gewährsleute. Außerdem betrachteten sie den Glaubensübertritt nüchterner, selbstdenkender Doktoren und bedeutender Vorkämpfer der `Deutlichen Religion`² als gültigen Beweis, hielten die unerschütterliche Standhaftigkeit des Báb für ein höchst mächtiges Zeichen und erzählten von Wundern und dergleichen - alles Dinge, die nicht zu unserem Thema gehören; wir haben sie kurz gestreift und werden jetzt mit unserem Gegenstand fortfahren.
¹ Quran 37:174 ² der Islám
ATN +45Zur selben Zeit traten unter den Bábí bestimmte Personen hervor, die in ihren Augen herausragende Qualitäten besaßen. Dazu gehörte Mirza Muhammad-Alí aus Mázindarán, ein Jünger des erlauchten Siyyids Hájí Siyyid Kázim aus Rasht - möge Gott seine Stufe erhöhen -, der Gefährte und Begleiter des Báb auf Seiner Pilgerreise. Nach einer Weile bezeugte er solches Verhalten, daß alle völlig überzeugt den Gehorsam gegen ihn als ihre unerschütterliche Schutzburg betrachteten und selbst Mullá Husayn aus Bushrúyih, ihr aller Führer, den die Bábí, hoch und niedrig, als Richter anriefen, sich in seiner Gegenwart ganz demütig und bescheiden gab wie ein niedriger Diener.
ATN +46Diese Persönlichkeit machte sich zur Aufgabe, mit größter Zielstrebigkeit dem Wort des Báb Geltung zu verschaffen, und der Báb pries und verherrlichte ihn mit vollem Recht und sah in seinem Einsatz die Hilfe des Unsichtbaren. In seinem Vortrag und Stil war er "offenbar bezaubernd", und in seiner festen Beharrlichkeit allen überlegen. Am Ende opferte er im Jahr 1265 [d.H.] nach seiner Verurteilung durch den obersten Rechtsgelehrten, den Sa'idu'l-Ulamá und obersten Geistlichen von Bárfurúsh, sein Haupt und gab sein Leben hin inmitten schreiendsten Tumults.
ATN +47Unter ihnen war auch sie, Qurratu'l-'Ayn genannt, die Tochter des Hájí Sálih, des Weisen von Qazvín, des Hochgelehrten. Sie war den Berichten zufolge geschickt in vielen Künsten und verblüffte durch ihre beredten Abhandlungen über die Auslegung und Überlieferung des `Deutlichen Buches` Sinn und Verstand der bedeutendsten Meister. Sie war ein mächtiges Symbol für die Lehren des ruhmvollen Shaykhs von Ahsá. An den Erhabenen Schreinen holte sie sich Licht in geistigen Dingen aus der Lampe Kázims und setzte freudig ihr Leben ein auf dem Pfade des Báb. Sie erhob die Stimme, um ihrer Lehre Gehör zu verschaffen, und diskutierte und stritt mit Doktoren und Weisen. Sie erlangte solchen Ruhm, daß die meisten Gelehrten und Mystiker begierig waren, ihre Rede zu hören und die Kraft ihrer geistigen Schau und ihrer Beweisführung kennenzulernen. Sie hatte den Kopf voll stürmischer Ideen und leidenschaftlicher, rastloser Gedanken. Sie erläuterte die spitzfindigsten Fragen und triumphierte an vielen Stellen über die Streithähne. Als sie im Hause des Kalantars von Tihrán [Mahmúd] gefangen saß und dort eine Hochzeit mit Festivitäten und Lustbarkeiten im Gange war, waren die zu Gast anwesenden Frauen der Größen der Stadt so hingerissen von der Schönheit ihrer Rede, daß sie das Fest vergaßen, sich um sie scharten, sich trotz Hochzeitsmusik vom Klang ihrer Worte hinwegführen ließen und beim Genuß ihrer Wundergaben gleichgültig blieben gegen die Vergnügen und Überraschungen, die eine Hochzeit mit sich bringt. Kurz, mit ihrer Eloquenz war sie der Schrecken des Zeitalters, mit ihrer Logik das Chaos der Welt. Von Angst oder Furchtsamkeit im Herzen keine Spur, und alle Vorhaltungen Wohlmeinender waren nutzlos und an ihr verloren. Obwohl sie eine junge Frau war, [wie geschaffen] für das Brautgemach, entriß sie den strammen Männern ihre Überlegenheit und strebte voran auf dem Pfade der Standhaftigkeit, bis sie auf das Urteil der mächtigen Doktoren von Tihrán hin ihr Leben gab. Aber bei diesen Einzelheiten zu verweilen, hieße, unsere Sache in Weitschweifigkeit verlieren.
ATN +48Nun, als der alte Fürst Muhammad Sháh starb¹ und der Thron der Souveränität mit der Person des neuen Monarchen geschmückt wurde, befand sich Persien in schlimmem Zustand, und die gelehrten Doktoren waren kopflos und ängstlich. Der Amír-Nizám Mirza Taqí Khán, Premierminister und oberster Reichsverweser, ergriff mit despotischer Faust die Zügel der Staatsgeschäfte und trieb das Roß seines Ehrgeizes in die Arena der Willkür und Besitzgier. Dieser Minister war ein unerfahrener Mensch, ohne Sinn für die Folgen seines Handelns; er war blutdürstig, schamlos und beim Blutvergießen schnell bei der Hand. Brutale Strafen hielt er für kluges Regiment, und das Volk zu treten, zu quälen, einzuschüchtern und zu verängstigen, betrachtete er als Hebel für den Fortschritt der Monarchie. Und da die Majestät der König noch jung an Jahren war, verfiel der Minister auf seltsame Ideen und schlug die Trommel des Absolutismus in [der Führung der] Staatsgeschäfte: Er gab den Befehl, die Bábí zu verfolgen, aus eigenem Entschluß, ohne vom König die Erlaubnis eingeholt oder sich mit besonnenen Staatsmännern beraten zu haben, weil er sich einbildete, durch übertriebene Gewalt könne er derartiges im Zaum halten und aus der Welt schaffen und Strenge trüge gute Früchte, während man [in Wirklichkeit] Gewissensdinge, in die man sich einmischt, nur bekannter und fester werden läßt. Je mehr man sich müht, die Flamme zum Verlöschen zu bringen, um so heller lodert sie auf, besonders wenn es um Glauben und Religion geht, die sich, sobald Blut fließt, ausbreiten, an Einfluß gewinnen und den Menschen stark ans Herz greifen. Dies ist bewiesen, und der größte Beweis ist das damalige Geschehen. So wird von einem Bábí in Káshán berichtet, daß ihm der Besitz geraubt und sein Hausrat geplündert wurde. Ihn selbst zogen sie nackt aus, geißelten ihn, schändeten seinen Bart, banden ihn mit dem Gesicht nach hinten auf einen Esel und trieben ihn grausam zum Klang von Trommeln, Trompeten, Gitarren und Tamburinen durch die Straßen und Basare. Ein gabr², der absolut nichts von der Welt und was dazu gehört wußte, saß zufällig abseits in der Ecke einer Karawanserei. Als das Geschrei der Leute lauter wurde, eilte er auf die Straße, und als er erkannte, was das Ärgernis, wer der Missetäter und was der Grund für die öffentliche Schande und Strafaktion war, erkundigte er sich genau und trat am selben Tag der Gemeinschaft der Bábí bei. Er sagte: `Daß er sich so mißhandeln und öffentlich erniedrigen läßt, ist ein Wahrheitsbeweis und das beste Argument. Wenn nicht auf diese Weise, wären vielleicht tausend Jahre vergangen, ehe jemand wie ich davon erfahren hätte.`
¹ am 4. September 1848² verächtlich oder als Schimpf gebrauchte muslimische Bezeichnung für einen Zoroastrier
ATN +49Jedenfalls schickte der Minister in eigenmächtiger Willkür, ohne Anweisungen gehabt oder Erlaubnis eingeholt zu haben, Befehle in alle Richtungen, die Bábí zu züchtigen. Gouverneure und Richter nahmen dies zum Vorwand, sich zu bereichern, und Beamte als Mittel, sich Profit zu verschaffen. Berühmte Gelehrte hetzten von ihren hohen Kanzeln herab zum allgemeinen Angriff; die Gewalten des religiösen und des zivilen Rechts wetteiferten Hand in Hand, dieses Volk auszurotten.
ATN +50Nun hatten diese Menschen¹ noch nicht das richtige und notwendige Wissen von den Grundprinzipien und den verborgenen Weisheiten in den Lehren des Báb, so daß sie ihre Pflichten nicht kannten. Ihre Begriffe und Vorstellungen waren veraltet, ihr Verhalten entsprach herkömmlichem Brauch. Zudem war ihnen jede Verbindung zum Báb verwehrt, und überall flackerte das Feuer des Aufruhrs. Auf das Urteil der höchst berühmten Schriftgelehrten hin hatten die Behörden und natürlich auch das gemeine Volk allenthalben ein gewaltiges Rauben und Plündern angefangen, überall waren sie dabei zu schinden und zu foltern, zu töten und zu rauben, um dieses Feuer zu löschen und diese [armen] Seelen zu vernichten. An Orten, wo es nur wenige gab, fielen sie alle mit gebundenen Händen dem Schwert zum Opfer, in größeren Städten, wo sie zahlreich waren, griffen sie nach ihren alten Glaubensregeln zur Selbstverteidigung, zumal sie nicht wissen konnten, was ihre Pflicht ist, denn alle Tore waren verschlossen.
¹ die BábíIn Mázindarán gingen wie an vielen anderen Orten die Bewohner der Stadt Bárfurúsh unter dem Kommando des obersten Rechtsgelehrten, des Sa'ídu'l-Ulamá, allgemein gegen Mullá Husayn von Bushrúyih und seine Anhänger vor und erschlugen sechs oder sieben von ihnen. Während sie zugange waren, auch die übrigen zu vernichten, befahl Mullá Husayn, den Adhán¹ erschallen zu lassen, und griff zum Schwert; da suchten alle Angreifer ihr Heil in der Flucht, und die edlen Herren traten höchst reuevoll und ehrerbietig vor ihn hin und stimmten bereitwillig zu, daß ihm die Abreise erlaubt sei. Sie gaben ihm darüber hinaus Khusraw aus Qádí-Kalá mit Reitern und Fußvolk als Eskorte mit, damit die Bábí nach dem Buchstaben der Vereinbarung unter sicherem Geleit das Gebiet von Mázindarán verlassen könnten. Als sie die Stadt hinter sich hatten - sie kannten nicht Weg und Steg -, verteilte Khusraw seine Reiter und Fußleute und legte sie im Wald von Mázindarán in den Hinterhalt, trennte die Bábí voneinander, die verstreut neben und auf der Straße dahinzogen, und fing an, sie einzeln zur Strecke zu bringen. Als von allen Seiten die Musketen knallten und einige der Wanderer und andere Leute plötzlich von Kugeln getötet wurden, war die List entdeckt. Mullá Husayn befahl, den `Adhán` erschallen zu lassen, um seine verstreuten Anhänger zu sammeln, indessen Mirza Lutf-'Alí, der Sekretär, seinen Dolch zog und Khusraw den Leib aufschlitzte. Von Khusraws Truppe wurden einige erschlagen, andere irrten ziellos auf dem Schlachtfeld umher. Mullá Husayn führte seine Schar in ein Fort nahe der Begräbnisstätte von Shaykh Tabarsí², wo er, dem allgemeinen Wunsch entsprechend, den Marsch unterbrechen und rasten ließ. Die Schar erhielt später Verstärkung durch Mirza Muhammad-'Alí aus Mázindarán mit einigen Leuten, so daß die Besatzung des Forts dreihundertdreizehn Seelen zählte. Davon konnten aber nicht alle kämpfen, nur einhundertzehn Personen waren gerüstet zum Krieg. Die meisten waren Gelehrte oder Studenten, die ihr Lebtag nur mit Büchern und Abhandlungen zu tun gehabt hatten. Doch ungeachtet dessen, daß sie an Krieg, Gewehrkugeln und Schwerterregen nicht gewöhnt waren, standen sie viermal den Belagerungsheeren gegenüber, die sie umzingelten und mit Kanonen, Musketen und Granaten angriffen, und bei allen vier Gelegenheiten wehrten sie die Angreifer ab, vernichteten die Armee und schlugen sie in die Flucht. Bei der vierten Niederlage war 'Abbás-Qulí Khán aus Láriján Anführer der Streitkräfte und Prinz Mihdí-Qulí Mirza Kommandeur im Heerlager. Der Khán pflegte sich nachts verkleidet in den Bäumen außerhalb des Lagers zu verstecken und war nur tagsüber im Feldlager anwesend. Die letzte Schlacht fand nachts statt, und die Armee wurde vernichtend geschlagen. Die Bábí steckten das Zeltlager in Brand, und die Nacht wurde hell wie der Tag. Da verfing sich das Pferd Mullá Husayns - er war im Gegensatz zu den anderen beritten - mit dem Huf in einer Zeltschlinge. 'Abbás-Qulí Khán erkannte ihn von seinem Baumversteck hoch oben und feuerte mit seiner Flinte mehrere Kugeln auf ihn ab. Die dritte streckte ihn nieder. Seine Anhänger trugen ihn ins Fort und beerdigten ihn dort. Ungeachtet dieses Ereignisses konnten sich [die Truppen] trotz ihrer Übermacht nicht durchsetzen. Schließlich machte der Prinz ein Vertragsangebot und schwor bei den heiligen Imámen mit vielen Eiden auf den ruhmvollen Quran: `Ihr sollt nicht belästigt werden, geht nach Hause.` Da ihre Vorräte schon seit geraumer Zeit aufgebraucht waren, so daß selbst von Haut und Knochen der Pferde nichts mehr übrig blieb, und sie seit mehreren Tagen nur von Wasser lebten, stimmten sie zu. Als sie beim Heerlager ankamen, war draußen Essen für sie vorbereitet. Als sie Waffen und Rüstzeug abgelegt hatten und aßen, fielen die Soldaten von allen Seiten über sie her und erschlugen sie alle. Manche haben den Heldenmut dieser Leute als ein Wunder betrachtet, aber wenn eine Schar Menschen irgendwo bedrängt wird, wo jeder Ausweg versperrt, alle Hoffnung auf Freikommen zerstoben ist, werden sie sich natürlich mit dem Mut der Verzweiflung tapfer verteidigen.
¹ Ruf zum Gebet ² siehe Glossar
ATN +52Auch in Zanján und Nayríz löste das Verdikt der gelehrten Doktoren und angesehenen Rechtsgelehrten blutige Militärgewalt gegen die Bábí aus. In Zanján war der Mujtahid Mullá Muhammad-Alí ihr Oberhaupt, in Nayríz Siyyid Yahyá aus Dáráb ihr Führer und Gebieter. Zunächst versuchten sie eine Versöhnung zu erreichen, stießen aber auf wilde Rohheit und verzweifelten darob zutiefst; und weil ihnen die Übermacht der siegreichen Truppen keinen Ausweg ließ, ballten sie die Faust zum Widerstand. Aber so stark sie auch waren im Kampf, und wenn sie auch die Armeeführer mit ihrer Standhaftigkeit und Ausdauer in Erstaunen versetzten, ließ ihnen die Übermacht des Militärs keine Fluchtmöglichkeit und brach ihnen die Schwingen. Nach vielen Schlachten ließen auch sie sich am Ende auf Verträge und Abmachungen, Eide und Versprechen, Schwüre auf den Quran und Listen der Offiziere ein und fielen alle dem Schwert anheim.
ATN +53Wollten wir uns mit den Einzelheiten der Kämpfe in Nayríz und Zanján befassen und die Ereignisse von Anfang bis zum Ende beschreiben, dann würde diese Darstellung ein dickes Buch werden. Da dies für die Geschichte ohne Gewinn wäre, haben wir sie nur kurz gestreift.
ATN +54Im Verlauf der Ereignisse in Zanján ersann der Premierminister eine Lösung, die einen Schlußstrich ziehen sollte. Ohne königlichen Auftrag und ohne mit den Ministern des Hofes, die zum Schutz der Untertanen da waren, zu beraten, gab er aus eigenmächtiger Willkür und festem Entschluß den Befehl, den Báb hinzurichten. Dies trug sich, kurz, wie folgt zu: Der Gouverneur von Adhirbáyján, Prinz Hamzih Mirza, wollte nicht für die Vollstreckung des Urteils verantwortlich sein und sagte zu Mirza Hasan Khán, dem Bruder des Amírs: `Das ist ein schmutziges Geschäft und einfach dazu, jeder kann es erledigen. Ich hätte gedacht, die Exzellenz der Regent beauftragte mich, Krieg gegen die Afghanen oder Usbeken zu führen, oder hieße mich, Rußland oder die Türkei anzugreifen und zu besetzen.` Also schrieb Mirza Hasan Khán eine ausführliche Entschuldigung an den Amir.
ATN +55Nun hatte der Siyyid Báb alle Seine Angelegenheiten geregelt, bevor Er von Chihríq nach Tabríz aufbrach, hatte Seine Schriften und selbst Seinen Siegelring und Seinen Federkasten in ein verschließbares Behältnis gelegt, den zugehörigen Schlüssel in einen Umschlag getan und das ganze durch Mullá Báqir, einen Seiner ersten Gefährten, an Mullá Abdu'l-Karím¹ aus Qazvín geschickt. In Qum übergab Mullá Báqir das Treugut in Gegenwart zahlreicher Freunde Mullá 'Abdu'l-Karím. Auf Bitten der Anwesenden öffnete er den Deckel des Kastens und sagte: `Ich habe die Anweisung, dieses Gut Bahá'u'lláh zu bringen. Fragt mich nicht weiter, denn ich kann euch nichts sagen.` Da aber die Freunde ihn hartnäckig drängten, holte er einen langen Sendbrief in blauer Farbe hervor, der sehr anmutig von äußerst feiner und sicherer Hand mit einer schönen, kleinen Shikastih-Schrift bedeckt war, in der Form eines Menschen so dicht beschrieben, daß man meinen konnte, es wäre ein einziger Farbüberzug aus Tinte auf dem Papier. Sie lasen dieses Schreiben [und sahen:] Er hatte dreihundertsechzig Ableitungen des Wortes Bahá niedergeschrieben. Anschließend beförderte Mullá 'Abdu'l-Karím das Treugut an seinen Bestimmungsort.
¹ siehe GlossarNun zurück zu unserem Thema. Der Premierminister übermittelte seinem Bruder Mirza Hasan Khán einen zweiten Befehl des Inhalts: `Beschaffe einen formellen Urteilsspruch von den Tabrízer Schriftgelehrten, dem festen Stützpfeiler der Religion Ja'fars¹ - Friede sei mit ihm - und unverrückbaren Bollwerk des schiitischen Glaubens; laß das christliche Regiment aus Urúmíyyih antreten; hänge den Báb vor allen Leuten auf und gib dem Regiment den Schießbefehl.`
¹ siehe GlossarMirza Hasan Khán ließ seinen Farraschenchef¹ kommen und gab ihm seine Anweisungen. Sie nahmen dem Báb Seinen Turban und Seine Schärpe ab, die Zeichen Seines hohen Standes als Siyyid, brachten Ihn mit vier Seiner Anhänger in den Kasernenhof von Tabríz, sperrten Ihn in eine Zelle und stellten vierzig christliche Soldaten aus Tabríz ab, Ihn zu bewachen.
¹ PolizeichefNach dem Urteil des gelehrten Geistlichen Mullá Muhammad aus Mámáqán, der zweiten geistlichen Autorität Mullá Mirza Báqir, der dritten geistlichen Autorität Mullá Murtadá-Qulí und anderer übergab der Farraschenchef am folgenden Tag den Báb und einen jungen Mann namens Aqá Muhammad-Alí, der aus einer vornehmen Familie in Tabríz stammte, an Sám Khán, den Obersten des christlichen Regiments aus Urúmíyyih. Mitten an die Stiege der Zelle, in der sie gefangen waren, wurde ein eiserner Nagel getrieben und zwei Seile daran befestigt. Mit dem einen wurde der Báb aufgehängt, mit dem anderen Aqá Muhammad-Alí, beide in solcher Weise festgebunden, daß der Kopf des jungen Mannes an der Brust des Báb ruhte. Auf den umgebenden Hausdächern wimmelte es von Menschen. Ein Regiment Soldaten trat in drei Reihen an. Die erste Reihe feuerte ihre Salve ab, dann die zweite und zum Schluß die dritte. Die Schüsse verursachten mächtigen Qualm. Als der Rauch sich verzogen hatte, sahen sie den jungen Mann da stehen; der Báb saß neben Seinem Sekretär Aqá Siyyid Husayn in derselben Zelle, an deren Stiege man sie gehängt hatte. Beide waren völlig unverletzt.
ATN +59Der Christ Sám Khán bat, von seiner Pflicht entbunden zu werden; einem anderen Regiment fiel die Aufgabe zu, und der Farraschenchef hatte nichts dagegen. Aqá Ján Big aus Khamsih, Oberst der Leibwache, trat vor, und sie banden den Báb zusammen mit dem jungen Mann wieder an denselben Nagel. Der Báb sprach einige Worte, die nur die wenigen, die Persisch konnten, verstanden; die anderen hörten nur den Klang Seiner Stimme.
ATN +60Der Regimentskommandeur erschien persönlich, es war kurz vor Mittag am achtundzwanzigsten Tag des Sha'bán im Jahr zwölfhundertsechsundsechzig [d.H.]¹. Er gab sogleich Feuerbefehl. Bei dieser Salve zeigten die Kugeln Wirkung, die Leiber [der Opfer] wurden durchsiebt und ihre Glieder völlig zerfetzt, lediglich ihre Gesichter wurden nur geringfügig verletzt.
¹ 9. Juli 1850Dann brachten sie die beiden Leichname vom Hof an den Rand des Grabens vor der Stadt, dort blieben sie über Nacht. Am nächsten Tag kam der russische Konsul mit einem Künstler und ließ ein Bild von den beiden Körpern zeichnen, wie sie da am Grabenrand hingestreckt lagen.
ATN +62In der zweiten Nacht trugen die Bábí die beiden Leiber um Mitternacht fort.
ATN +63Am dritten Tag fanden die Leute die Leichen nicht mehr, und einige nahmen an, sie seien von wilden Tieren gefressen worden, so daß die Schriftglehrten von ihren hohen Kanzeln verkündeten: `Der heilige Leib des unbefleckten Imáms und die der wahren Schiiten sind gefeit gegen Raubzeug, Gewürm und Wunden, aber den Leichnam dieser Person haben die wilden Tiere zerrissen.` Aber eine genaue Untersuchung ergab folgendes: Nachdem der Báb alle Seine Schriften und persönliches Eigentum weggegeben hatte und aus verschiedenen Zeichen klar geworden war, was kommen mußte, erschien am zweiten Tag nach diesem Geschehen Sulaymán Khán, der Sohn Yahyá Kháns, ein dem Báb ergebener Edelmann aus Adhirbáyján, und begab sich geradewegs zum Haus des Bürgermeisters von Tabriz. Da der Bürgermeister ein alter Freund, Gefährte und Vertrauter von ihm war und darüber hinaus eine mystische Ader hatte und keinerlei Vorurteil oder Abneigung gegen irgendeine Gemeinde kannte, enthüllte ihm Sulaymán Khán sein Geheimnis und sagte: `Heute nacht werde ich mit einigen anderen auf Biegen oder Brechen versuchen, den Leichnam zu bergen. Und wenn dies nicht möglich ist, werden wir, komme was da wolle, einen Überfall machen und entweder unser Ziel erreichen oder dabei willig unser Leben aushauchen.` `Soviel Umstände sind gar nicht nötig`, antwortete der Bürgermeister. Dann schickte er einen seiner eigenen Diener namens Hájí Alláh-Yár aus, der, wie auch immer, den Leichnam ohne Schwierigkeit an sich brachte und Hájí Sulaymán Khán übergab - am Morgen entschuldigten sich die Wächter, die wilden Tiere hätten ihn gefressen. In der Nacht verwahrten sie den Leichnam des Báb in der Werkstatt eines Bábí aus Mílán. Am nächsten Tag fertigten sie eine Kiste, legten ihn hinein und hinterließen ihn zu treuen Händen. Auf Anweisungen aus Tihrán schafften sie ihn später aus Adhirbáyján fort. Und dieser Ortswechsel blieb völlig geheim.
ATN +64Nun regnete in diesen Jahren [zwölfhundert]sechsundsechzig und siebenundsechzig [d.H.] überall in Persien Feuer auf die Häuser der Bábí, und sie fielen alle, in welchem Flecken sie auch wohnten, auf den leisesten Verdacht hin dem Schwert anheim. Mehr als viertausend Seelen wurden erschlagen, und ihre Hinterbliebenen, viele Frauen und Kinder, gingen schutz- und hilflos, verzweifelt, gedemütigt und zertreten zugrunde. Das ganze Geschehen geht ausschließlich auf die eigenmächtigen Beschlüsse und Befehle Mirza Taqí Kháns zurück, der sich einbildete, diese Sekte durch vernichtende Strafen zerstreuen und derart zum Verschwinden bringen zu können, daß alle Spuren und das Wissen um sie ausgelöscht wären. Nicht lange darauf zeigte sich das Gegenteil und es stellte sich heraus, daß [die Bábí] mehr wurden. Die Flamme stieg höher und die Ansteckung ging schneller vonstatten: Die Sache bekam Gewicht, und die Berichte darüber gelangten in andere Länder. Zunächst auf Persien beschränkt, verbreitete sie sich später über die ganze Welt. Aus Zittern und Leid wurden Beständigkeit und Gefaßtheit, aus bitterer Qual und Strafen erwuchsen Einverständnis und Sympathie. Die Ereignisse machten Eindruck, der Eindruck reizte nachzuforschen, und Nachforschung bewirkte Wachstum. Die unbesonnene Vorgehensweise des Ministers hatte zur Folge, daß der Bau fest und stark, sein Fundament unerschütterlich wurde. Vorher sah man die Sache als etwas Alltägliches an, danach gewann sie in den Augen der Menschen tiefe Bedeutung. Aus allen Teilen der Welt kamen viele Menschen nach Persien und begannen von ganzem Herzen zu suchen. Denn die Erfahrung zeigt überall, daß in solchen Gewissensdingen Wunden zur Heilung führen, Tadel größere Sorgfalt bewirkt, Verbot Verlangen weckt und Einschüchterung begierig macht. Die Wurzel ist im Herzen verborgen, indes der Zweig deutlich sichtbar ist. Wenn ein Zweig abgeschnitten wird, wachsen andere Zweige nach. So kann man sehen, daß derartiges, wenn es in anderen Ländern geschieht, wenig Aufmerksamkeit findet, auf geringes Interesse stößt und von selbst erlischt. Denn in Europa sind bisher schon viele religiöse Bewegungen aufgekommen, aber weil sich dort niemand darum kümmert und es keinen Fanatismus gibt, hatten sie keine Bedeutung, und nach kurzer Zeit waren sie spurlos verschwunden.
ATN +65Nach dem oben Geschilderten wurde von einem Bábí ein großer Fehler begangen, ein schweres, vermessenes Verbrechen, das die Seiten ihrer Geschichte schwärzte und sie in der ganzen zivilisierten Welt in Verruf brachte. Im Kern ging es um folgendes. Als der Báb in Adhirbáyján lebte, faßte ein Jugendlicher namens Sádiq eine große, hingebungsvolle Zuneigung zum Báb; Tag und Nacht nur darum bemüht, Ihm zu dienen, verlor er jeden Verstand. Als in Tabríz geschah, was dem Báb widerfuhr, sann dieser Diener, von törichtem Wahn getrieben, auf blutige Rache. Und da er die Zusammenhänge nicht kannte, nichts von der absoluten Selbstherrlichkeit des Amir-Nizám, seiner ungezügelten Macht und unbeschränkten Amtsgewalt wußte, und nichts davon, daß das Todesurteil völlig ohne Wissen des Hofes zustande gekommen war und der Premierminister anmaßend und allein auf eigene Verantwortung den Befehl erteilt hatte; da er im Gegenteil davon ausging, daß das Gefolge des Hofes den üblichen Sitten und Bräuchen gemäß an diesem Urteil beteiligt war und darüber Bescheid wußte, machte er sich in seiner törichten Raserei, von seinem bösen Stern, nein, von purem Wahn [getrieben], von Tabríz auf den Weg und ging mit einem Komplizen geradewegs nach Tihrán. Weil der königliche Troß sich in Shimírán aufhielt, ging er dorthin. Gott ist unsere Zuflucht! Er beging dort eine so ungeheuerliche Tat, daß die Zunge sie nicht aussprechen kann und die Feder sich sträubt, sie zu schildern.¹ Doch Gott sei Lob und Dank, daß dieser Wahnsinnsknabe seine Pistole mit Schrot geladen hatte, weil er sich einbildete, das sei besser als alle Kugeln.
¹ Er beging am 15. August 1852 einen Anschlag auf den Sháh, bei dem dieser jedoch nur leicht verletzt wurde.
ATN +66Daraufhin entstand großer Aufruhr, und die Bábí bekamen einen so schlechten Ruf, daß sie bis heute nicht dem Fluch dieser Tat, der Schmach und der Schande entrinnen können, so sehr sie sich auch mühen. Sie werden vom ersten Auftreten des Báb bis zur Gegenwart erzählen, doch wenn der Faden des Gesprächs bei diesem Ereignis ankommt, lassen sie verlegen und beschämt die Köpfe hängen, verstoßen den vermessenen Täter und geißeln ihn als den Zerstörer ihres Baues und als Schande für die Menschheit.
ATN +67Nach diesem schweren Vorfall war alles an dieser Gemeinde verdächtig. Zunächst wurde nicht lange gefackelt, aber später wurde schierer Gerechtigkeit halber beschlossen, daß ermittelt, untersucht und verhört werden solle. Alle, die als Angehörige dieser Gemeinde bekannt waren, gerieten in Verdacht. Bahá'u'lláh verbrachte den Sommer in dem Dorf Afchih, eine Station von Tihrán entfernt. Als die Nachricht sich verbreitete und die Strafaktion begann, versteckte sich jeder, so gut er konnte, oder floh außer Landes. Auch Mirza Yahyá, der Bruder Bahá'u'lláhs, tarnte sich, ein bestürzter Flüchtling, als Derwisch, und wanderte mit der Almosenschale in der Hand über Berg und Tal die Straße nach Rasht dahin. Bahá'u'lláh aber ritt vollkommen gefaßt und gelassen aus Afchih fort und kam nach Níyávarán, dem Standort des kaiserlichen Lagers, wo sich das königliche Gefolge aufhielt. Gleich nach Seiner Ankunft wurde Er unter Arrest gestellt, und ein ganzes Regiment bewachte Ihn scharf. Nach einigen Tagen Verhör sandten sie Ihn mit Ketten gefesselt von Shimírán in den Kerker von Tihrán. Verantwortlich für die grausame Behandlung war der sture Dickschädel Hájibu'd-Dawlih Hájí 'Alí Khán, und es gab keine Aussicht auf Rettung, bis die Majestät der König in dem ihm eigenen gütigen Geist Umsicht gebot und anordnete, daß durch die Minister des kaiserlichen Hofes das Geschehen im einzelnen wie im Zusammenhang untersucht werde.
ATN +68Als nun Bahá'u'lláh über die Sache befragt wurde, gab Er zur Antwort: "Der Vorfall selbst zeigt, wie es sich mit der Angelegenheit verhält, er zeigt, daß dies die Tat eines gedankenlosen, unvernünftigen Dummkopfs ist. Denn kein vernünftiger Mensch würde seine Pistole mit Schrot laden, wenn er eine so schwerwiegende Tat plant. Zumindest würde er es so einrichten, daß das Vorhaben folgerichtig abläuft. Aus dem ganzen Geschehen geht klar und deutlich wie die Sonne hervor, daß Ich mit der Tat nichts zu tun haben kann."
ATN +69Somit war erwiesen, daß der Attentäter seine ungeheuerliche Tat in eigener Verantwortung verübt hatte, weil er blutige Rache für seinen Meister nehmen wollte, und daß niemand sonst beteiligt war. Und als sich herausstellte, wie es wirklich gewesen war, und über alle Zweifel deutlich wurde, daß Bahá'u'lláh schuldlos verdächtigt worden war, erklärte der Gerichtshof Ihn für unschuldig und sprach Ihn frei von der Anklage; es wurde deutlich, daß das, was Ihm angetan wurde, den Umtrieben Seiner Gegner und der voreiligen Torheit des Hájibu'd-Dawlih zuzuschreiben war. Darum wünschte die Regierung auf Zeit und Ewigkeit, bestimmte Besitztümer und Güter, die eingezogen worden waren, zurückzuerstatten, um Ihn dadurch zu beschwichtigen. Aber weil das meiste davon verloren und nur ein unbeträchtlicher Teil übriggeblieben war, trat niemand auf, der es beansprucht hätte. Doch bat Bahá'u'lláh um die Erlaubnis, sich zu den Heiligsten Schreinen¹ [von Karbilá und Najaf] zu begeben, und machte sich einige Monate später mit königlicher Erlaubnis, dem Einverständnis des Premierministers und in Begleitung eines königlichen Boten auf zu den Schreinen.
¹ siehe GlossarDoch wollen wir auf unser Thema zurückkommen. Von den Schriften des Báb sind viele erhalten. Manche davon sind Kommentare zum Quran und Interpretationen seiner Verse, manche Gebete, Predigten und Hinweise auf [die wahre Bedeutung bestimmter] Textstellen, andere sind Belehrungen, Mahnreden, Abhandlungen über die verschiedenen Zweige der Lehre von der göttlichen Einheit, Darstellungen der besonderen prophetischen Sendung des Herrn alles Bestehenden¹, und - wie es verstanden wurde - Ermutigungen zur Besserung des Charakters, zur Loslösung von weltlicher Pracht und Vertrauen auf die göttliche Inspiration. Aber das Wesentliche und der Sinn Seines schriftlichen Werkes war die preisende Darstellung jener Wirklichkeit, die bald erscheinen sollte, die Sein einziger Gegenstand, sein einziges Ziel war, Sein Schatz und Sein Verlangen.² Denn Er betrachtete Sein eigenes Auftreten als das eines Künders froher Botschaften und sah Seine eigene wahre Natur nur als Weg zu der Manifestation der größeren Vollkommenheit jenes Einen. Und wirklich hörte Er Tag und Nacht auch nicht für einen einzigen Augenblick auf, Ihn zu feiern, sondern bedeutete all Seinen Anhängern, Dessen Erscheinen zu erwarten. So erklärt Er in Seinen Schriften: "Ich bin ein Buchstabe jenes mächtigsten Buches, ein Tautropfen jenes grenzenlosen Meeres, und wenn Er erscheint, werden Meine wahre Natur Meine Mysterien, Rätsel und Andeutungen offenbar werden, und der Keim dieser Religion wird sich Schritt für Schritt weiterentwickeln und zur Stufe des `in schönstem Ebenmaß erschaffen`³ gelangen und mit dem Gewande des `gepriesen sei Gott, der beste Schöpfer`[4] bekleidet werden: Und dies wird sich im Jahre [zwölfhundert]neunundsechzig[5] enthüllen, welches dem Zahlenwert des Jahres `nach einer Weile`[6] entspricht, und das Wort, ` Und du siehst die Berge: Du meinst, sie stünden fest, während sie wie Wolken vorbeiziehen`[7], wird sich erfüllen." Kurz, Er schrieb über Ihn, daß in Seinen Augen der Zugang zu den göttlichen Gnadengaben und der Aufstieg zu den höchsten Graden menschlicher Vollkommenheit abhängig sind von der Liebe zu Ihm, und Er war so von Seinem Feuer entflammt, daß Seiner zu gedenken die helle Kerze Seiner dunklen Nächte in der Festung Mákú war, und sich Seiner zu erinnern der beste Gefährte in der Not des Gefängnisses von Chihríq. Hieraus zog Er geistigen Reichtum, von Seinem Wein war Er berauscht und am Gedenken Seiner erfreute Er sich. Auch alle Seine Anhänger erwarteten das Erscheinen dieser Zeichen, und alle Seine Vertrauten hielten Ausschau nach der Erfüllung dieser Voraussagen.
¹ Muhammad ² Bahá'u'lláh ³ Quran 95 :5
[4] Quran 23:15 [5] 1852 christlicher Zeitrechnung [7] Quran 27:89
[6] Hín (`nach einer Weile`); dies entspricht nach dem Abjad-System dem Zahlenwert 68. Im Jahr 1268 n.d.H. erhielt Bahá'u'lláh, im Siyáh Chál zu Tihrán angekettet, die ersten Andeutungen Seiner göttlichen Sendung; auf dasselbe Jahr spielt Er in Seinen Oden an. Vgl. Nabíls Bericht aus den frühen Tagen der Bahá'í-Offenbarung, ins Englische übersetzt und herausgegeben von Shoghi Effendi, deutsch im Bahá'í-Verlag 1975 Seite 52 Anm.1
Bahá'u'lláhNun lebte in Tihrán - das der Báb das Heilige Land nannte - schon bei Beginn der Manifestation des Báb ein Jüngling aus der Familie eines Ministers vornehmer Herkunft, in jeder Hinsicht begabt und geschmückt mit Reinheit und Adel. Wenn auch von hoher Abstammung und mit weitreichenden Beziehungen gesegnet, und obgleich Seine Vorfahren in Persien bedeutende Männer und allgemein begehrt waren, kam Er doch nicht aus Doktorensippen oder Gelehrtenkreisen. Dieser Jüngling war von frühester Jugend an in Hofkreisen, bei Verwandten wie Fremden, für Seine Aufrichtigkeit berühmt. Er fiel schon von Kind an durch bemerkenswerte Klugheit auf und war bei den Weisen hoch angesehen. Er begehrte indessen nicht, nach Art Seiner Vorfahren in hohe Ränge berufen zu werden, noch suchte Er den Aufstieg in prächtige, doch vergängliche Stellungen. Seine außergewöhnliche Befähigung wurde ungeachtet dessen von allen anerkannt und Sein außerordentlicher Scharfsinn und Seine Intelligenz wurden allgemein zugegeben. Beim einfachen Volk erfreute Er sich wunderbarer Wertschätzung, und auf allen Versammlungen und Gesellschaften bewies Er eine erstaunliche Redegabe. Ungeachtet Seiner mangelhaften schulischen Ausbildung war Er von so scharfem, durchdringendem Verstand und so schneller Auffassungsgabe, daß schon in Seiner Jugend alles staunte und es als menschliche Fassungskraft übersteigendes Wunder betrachtete, wenn Er auf Versammlungen erschien, wo über Fragen der Theologie und Metaphysik diskutiert wurde und Er in Gegenwart vieler Doktoren und Gelehrten Seine Zunge löste. Von früher Jugend an war Er die große Hoffnung Seiner Verwandten, ein und alles Seiner Familie, Zuflucht und Schutz Seiner Sippe.
ATN +72Doch obwohl es sich so verhielt, hätte niemand gedacht, daß Er einmal zum Quell so erstaunlicher Ereignisse würde oder daß die Wogen Seiner Lebensflut einst den Zenit des Firmamentes erreichten, trug Er doch die Kuláh¹ auf dem Kopf und wallende Locken bis über die Schultern.
¹ persische Lammfellmütze, Tracht der Nicht-Geistlichen
ATN +73Als sich die Kunde vom Báb verbreitete, zeigte sich, daß Er für Ihn Partei nahm. Zuerst unterrichtete Er Seine Verwandten und Bekannten, die Kinder und das Gesinde Seines eigenen Lebenskreises, später setzte Er Tag und Nacht alle Kraft daran, Freunde und Fremde [zur Annahme des neuen Glaubens] einzuladen. Mit machtvoller Entschlossenheit machte Er sich an das Werk, die Glaubenslehren mit größter Beharrlichkeit systematisch zu ordnen und die ethischen Verhaltensnormen dieser Gemeinde in jeder Hinsicht zu festigen, dabei war Sein Bestreben, diese Menschen in jeder Weise zu schützen und zu führen.
ATN +74Als Er [auf diese Weise] in Tihrán die Grundlagen geschaffen hatte, eilte Er nach Mázindarán, wo Er bei Versammlungen und Treffen, auf Konferenzen, in Gasthöfen, Moscheen und Studienzentren Seine mächtige Rede- und Überzeugungskraft einsetzte. Wer immer Seine offene Stirn erblickte, Seine lebhaften Preisreden hörte, sah mit seinem inneren Auge in Ihm den offenkundigen Beweis, spürte Seine verborgene Anziehungskraft und durchdringende Macht. Viele Menschen, reich und arm, auch belesene Doktoren, wurden von Seinen Predigten angezogen, brachen mit Herz und Hand alle Brücken hinter sich ab, so entflammt, daß sie [mit Freuden] tanzend das Leben unter dem Schwert verschenkten.
ATN +75So waren, als ein Beispiel neben vielen anderen, eines Tages vier weise, gebildete Gelehrte aus der Geistlichkeit von Núr bei Ihm, und Er sprach zu ihnen so, daß alle vier Ihn unwillkürlich ersuchten, sie in Seine Dienste aufzunehmen. Denn kraft Seiner Redegewandtheit, die wie `offensichtliche Zauberei` wirkte, überzeugte Er diese hervorragenden Doktoren, daß sie wirklich wie Kinder mit den Anfangsgründen des Studiums beschäftigt seien, wie reinste Anfänger, die das Alphabet von Anfang an lernen müßten. Mehrere lange Konferenzen wurden mit der Auslegung und Erläuterung des Punktes¹ und des Alif¹ des Absoluten bestritten, in denen die Doktoren angesichts des wild tosenden Meeres Seiner Worte verblüfft staunten und sich wunderten. Die Kunde davon wurde weit und breit vernommen, und tiefe Verzagtheit befiel die Gegner. Die Gegend von Núr war durch diese Ereignisse in heller Aufregung, und der Lärm dieser Unruhen schlug an die Ohren der Einwohner von Bárfurúsh. Der oberste Geistliche von Núr, Mullá Muhammad, saß im Qishláq¹. Als er von diesen Ereignissen hörte, sandte er zwei der ausgezeichnetsten und gründlichsten Doktoren von wundersamer Redegewandheit, eindrucksvoller rhetorischer Begabung, schlüssiger Beweisführung und glänzender Darstellungskraft aus, um dieses Feuer zu löschen und diesen jungen Mann kraft ihrer Argumente zu überwinden und zu besiegen, Ihn entweder zur Reue oder zur Aufgabe Seiner Hoffnung auf den erfolgreichen Ausgang Seiner Vorhaben zu bewegen. Preis sei Gott für Seinen wundersamen Ratschluß! Als die beiden Doktoren in die Gegenwart des jungen Mannes traten, die Wogen Seiner Worte und die Wucht Seiner Argumente vernahmen, entfalteten sie sich wie Rosen, waren aufgewühlt wie alle übrigen, verzichteten auf Altar und Lehrstuhl, Kanzel und Ehrenamt, Reichtum und Luxus, Versammlungen des Morgens und des Abends, widmeten sich den Zielen dieser Persönlichkeit und luden sogar den obersten Geistlichen ein, Ihm seine Gefolgschaft anzubieten. Als nun dieser junge Mann mit der Redekraft eines reißenden Stromes nach Amul und Sárí aufbrach, traf Er mit diesem erfahrenen Schriftgelehrten und erlauchten Geistlichen im Qishláq von Núr zusammen. Und aus allen Vierteln strömten die Leute zusammen und erwarteten den Ausgang. Der hochehrwürdige Geistliche beschloß, obgleich er von allgemein anerkannter Vortrefflichkeit und in den Wissenschaften der Gelehrteste seiner Zeitgenossen war, dennoch Zuflucht zur Zeichendeutung zu nehmen, um zu entscheiden, [ob er sich] auf Diskussion und Streitgespräch [einlassen sollte]. Dies scheint nicht günstig ausgegangen zu sein, denn er entschuldigte sich und verschob die Diskussion auf ein andermal. So stellte sich seine Unzulänglichkeit heraus und seine Kompetenz war damit in Frage gestellt; dies wirkte auf viele festigend, bestätigend und aufbauend.
¹ siehe GlossarDie Geschichte ist kurz wie folgt. Einige Zeit noch wanderte Bahá'u'lláh im Land umher. Nach dem Tod des alten Fürsten Muhammad Sháh kehrte Er nach Tihrán zurück, wobei Er im Sinn hatte, mit dem Báb brieflich Verbindung aufzunehmen. Der Bote für diesen Briefwechsel war der gefeierte Mullá Abdu'l-Karím aus Qazvín, die Hauptstütze des Báb und Sein Vertrauter. Da nun Bahá'u'lláh in Tihrán große Berühmtheit erlangt hatte und Ihm die Herzen der Menschen zuflogen, hielt Er es, ebenso wie Mullá Abdu'l-Karím, angesichts der Aufregung unter den Schriftgelehrten, der aggressiven Stimmung beim größten Teil [des Volkes] in Persien und der überwältigenden Macht des Amír-Nizáms, durch die sowohl der Báb als auch Bahá'u'lláh sehr gefährdet und mit strenger Strafe bedroht waren, für ratsam, eine Maßnahme zu ergreifen, die von Bahá'u'lláh ablenken und die Aufmerksamkeit auf einen Abwesenden richten sollte. Und da sie ferner nach allen Überlegungen keinen Außenstehenden für passend hielten, fiel das Los auf den Namen Mirza Yahyá, den Bruder Bahá'u'lláhs.
ATN +77Mit Hilfe und auf Weisung Bahá'u'lláhs kam er in aller Munde und wurde berühmt bei Freund und Feind. Man schrieb, vorgeblich nach seinem¹ Diktat, Briefe an den Báb. Und der Báb war, seit die heimliche Korrespondenz in Gang kam, sehr mit dieser Fiktion einverstanden. So war Mirza Yahyás Name in aller Munde, während er sich selbst verborgen hielt. Und dieses machtvolle Verfahren wirkte Wunder, denn Bahá'u'lláh blieb, obgleich Ihn alle sahen und kannten, geschützt und sicher, und dieser Schleier war der Grund, daß niemand außerhalb [der Sekte] die Sache durchschaute oder auf den Gedanken verfiel, Ihn zu belästigen, bis Bahá'u'lláh mit Erlaubnis des Königs Tihrán verließ und zu den Heiligsten Schreinen zog.
¹ Mirza YahyásAls Er nach Baghdád kam und der zunehmende Mond des Monats Muharram des Jahres [zwölfhundert]neunundsechzig [d.H.] am Horizont der Welt Aufstieg - das Jahr, welches in den Büchern des Báb als "das Jahr `nach einer Weile`"¹ bezeichnet wurde und in dem Er die Enthüllung der wahren Natur Seiner Religion und ihrer Mysterien versprochen hatte -, da wurde, wie berichtet wird, das verborgene Geheimnis für alle innerhalb und außerhalb [der Gemeinschaft] offenbar. Bahá'u'lláh, unerschütterlich standhaft, wurde zum Ziel für die Pfeile der ganzen Menschheit, während Mirza Yahyá sich in Verkleidung die Zeit vertrieb, mal zur besseren Tarnung als Kleinkrämer in Baghdáds Umland, mal im Habit eines Arabers in der Stadt.
¹ siehe Anmerkung [6] nach Absatz 70Nun war Bahá'u'lláh in einer Weise tätig, daß Ihm die Herzen der Glaubensgemeinschaft zuflogen, indessen die meisten Iráqer nichts zu sagen wußten; manche staunten, andere waren verärgert. Nach einem Jahr dort zog Er Seine Hand von allem zurück, trennte sich von Verwandten und Freunden und verließ ohne Wissen Seiner Anhänger den Iráq, ganz allein, ohne Geleit und Schutz, ohne Gefährten. Fast zwei Jahre wohnte Er in Türkisch-Kurdistán, meistens in den Bergen an einem Ort namens Sar-Galú, weit weg von menschlichen Siedlungen. Manchmal, sehr selten, kam Er nach Sulaymáníyyih. Nicht lange, und die Höchstgelehrten dieser Gegend begannen zu ahnen, was es mit Ihm auf sich hatte, sie sprachen mit Ihm über die Lösung schwieriger Fragen im Zusammenhang mit den unverständlichsten Punkten der Theologie. Nachdem sie von Ihm ausführliche Hinweise und zufriedenstellende Erklärungen bekommen hatten, zollten sie Ihm größte Ehrerbietung. Dadurch kam Er zu großem Ruhm und erwarb einen wunderbaren Ruf in dieser Gegend; bruchstückhaft schwirrten Berichte über Ihn in alle Himmelsrichtungen: daß in der Gegend von Sulaymáníyyih - wo seit alters die kundigsten Doktoren der Sunniten herkamen - ein fremder Perser erschienen sei und daß die Menschen dort in hellsten Tönen Sein Lob singen. Aus den Gerüchten wurde klar, daß diese Persönlichkeit nur Bahá'u'lláh sein konnte. Mehrere Leute eilten also dorthin und beschworen Ihn flehentlich, und auf ihre eindringlichen Bitten hin kehrte Er [nach Baghdád] zurück.
ATN +80Nun verfiel die Gemeinde durch die schMirzaichen Ereignisse wie die Hinschlachtung ihres Oberhaupts und anderer keineswegs in Zittern und Zagen, sie wuchs vielmehr deutlich an; doch weil der Báb, als Er getötet wurde, erst begonnen hatte, das Fundament zu legen, wußte die Gemeinschaft noch nichts über rechtes Verhalten, Tun, Betragen und Pflichten, war doch ihr einziges Leitprinzip die Liebe zum Báb. Diese Unwissenheit war der Grund, daß hier und da Unruhen aufkamen, denn als ihnen Gewalt entgegenschlug, hoben sie die Hand und wehrten sich. Aber als Bahá'u'lláh zurückkam, ging Er so energisch ans Werk, die Gemeinde zu erziehen, zu lehren, zu üben, zu lenken und aufzubauen, daß nach kurzer Zeit alle Schwierigkeiten und Übelstände behoben waren und wieder größte Ruhe und Gelassenheit in die Herzen einkehrte; selbst die Staatsmänner begriffen, wie man hörte, klar, daß die Grundsätze und Ideen dieser Glaubensgemeinschaft geistiger Art waren und mit der Reinheit des Herzens zu tun hatten, daß ihre wesentlichen Prinzipien der Besserung der Sitten galten, der Veredelung menschlichen Betragens, und daß sie an materiellen Dingen überhaupt kein Interesse hatten.
ATN +81Als diese Prinzipien dann in den Herzen der Gemeinschaft gefestigt waren, handelten sie überall so, daß sie bei Staatsmännern berühmt wurden für ihren Geistesadel, ihre Charakterfestigkeit, ihre aufrichtigen Vorsätze, ihre guten Taten und ihr ausgezeichnetes Betragen. Denn diese Menschen halten meist viel von Gehorsam und Ergebenheit, und nachdem sie entsprechend unterwiesen waren, richteten sie ihr Verhalten danach aus. Früher konnte man Anstoß nehmen an den Worten und Taten, dem Benehmen, den Sitten und der Führung dieser Gemeinschaft, jetzt erhebt man in Persien Einwände gegen ihre Lehren und bezweifelt ihren Geisteszustand. Nun, es liegt außerhalb menschlicher Macht, durch äußere Eingriffe oder Verbote Herz und Gewissen verändern oder Überzeugungen erzwingen zu können. Denn auf dem Feld des Gewissens kann nur Gottes Licht gebieten, und auf dem Thron des Herzens darf nur die durchdringende Kraft des Königs der Könige regieren. Darum kann man zwar jede Begabung [an der Entfaltung] hindern und außer Kraft setzen, nicht aber das Denken; der Mensch kann nicht einmal, wenn er es wollte, sein Denken und Grübeln anhalten oder sein Sinnen und Träumen aufgeben.
ATN +82Jedenfalls unbestreitbar ist seit fast fünfunddreißig Jahren seitens dieser Gemeinschaft nichts gegen die Regierung Gerichtetes oder der Nation Abträgliches geschehen oder [von ihnen] zu bestätigen und in dieser langen Zeit, ungeachtet dessen, daß die Gemeinschaft sich an Zahl und Kraft gegenüber früher verdoppelt hat, nirgends etwas zu hören gewesen, als daß ab und zu einige von ihnen durch studierte Doktoren und bedeutende Gelehrte zum Tode verurteilt wurden - in Wirklichkeit, um den hier vorliegenden Bericht in der Welt zu verbreiten und die Menschen aufzuwecken. Denn solche Eingriffe zerstören nicht, sondern bauen auf, so du die Wahrheit im Auge hast - sie wird dadurch nicht ausgelöscht und vergessen, sondern angeregt und verbreitet.
ATN +83Ich möchte wenigstens eine kurze Geschichte erzählen, die sich wirklich zutrug. Jemand ging mit Gewalt gegen einen Bábí vor und verletzte ihn ernsthaft. Das Opfer hob die Hand zur Vergeltung, er wollte sich rächen und zog die Waffe gegen den Angreifer. Als ihn aber der Tadel seiner Gemeinschaft traf, suchte er sein Heil in der Flucht. Er kam nach Hamadán, es wurde bekannt, wer er war, und da er zur Geistlichkeit gehörte, verfolgten ihn die Schriftgelehrten ungestüm, übergaben ihn den Behörden und ordneten an, daß er eine Züchtigung erhalte. Zufällig fiel ihm aus dem Kragenaufschlag ein Schriftstück in Bahá'u'lláhs Handschrift des Inhalts, daß jeglicher Versuch der Vergeltung getadelt, Rache zu suchen streng mißbilligt und seinen Begierden nachzugeben verboten sei. Unter anderem lasen sie folgendes darin: "Wahrlich, Gott verwirft die Aufrührer", und: "Getötet werden ist besser für euch als töten. Und so man euch foltert, haltet euch an die Obrigkeit, die Zuflucht der Menschen; und so man euch zurückweist, vertraut auf den eifernden Gott. Dies kennzeichnet die Aufrichtigen, dies ist das Merkmal der Glaubensgewissen." Als der Gouverneur von dem Schriftstück Kenntnis erhielt, sprach er zu dem Mann und sagte: `Nach der Verfügung Dessen, dem du als Oberhaupt gehorchst, mußt du zurechtgewiesen und streng bestraft werden.` `Wenn du alle Seine Gebote erfüllst`, erwiderte der Mann, `wird es mir das größte Vergnügen sein, mich in Strafe und Tod [zu fügen].` Der Gouverneur lächelte und ließ den Mann laufen.
ATN +84So gab sich Bahá'u'lláh größte Mühe, [Seine Leute] zu erziehen, sie anzuspornen zur Sittlichkeit, zum Erwerb von Wissen und Künsten aus allen Ländern, mit allen Völkern der Welt auf freundlichem Fuß zu verkehren, um das Wohlergehen aller Menschen besorgt zu sein, verträglich, einmütig, gehorsam und hingebungsvoll zu handeln, die Kinder zu erziehen, zustandezubringen, was die Menschheit nötig hat, und ihr wahres Glück zu schaffen; unausgesetzt schickte Er mahnende Sendbriefe überallhin, was Wunder wirkte. Wir haben einige dieser Sendschreiben sehr sorgfältig durchgesehen, und einige Abschnitte daraus sollen nun hier wiedergegeben werden.
ATN +85Alle diese Sendbriefe ermahnen zur Sittenreinheit, ermutigen zu gutem Verhalten, tadeln bestimmte Personen und führen Klage über Aufrührer. Unter anderem steht da der Satz:
ATN +86"Meine Gefangenschaft grämt Mich nicht: Bei Meinem Leben, sie ist in Wahrheit Mein Ruhm.! Was Mich aber härmt, ist das Tun Meiner Freunde, die behaupten, Uns verbunden zu sein und mit ihren Taten dem Satan folgen. Unter ihnen ist derjenige, der seiner Begierde folgt und beiseite wirft, was geboten ist; und unter ihnen ist derjenige, der rechtgeleitet der Wahrheit folgt. Diejenigen, die Sünden begehen und an der Welt hängen, gehören gewiß nicht zum Volke Bahás."¹
¹ vgl. Botschaften aus Akká 6:36; 8:4An anderer Stelle: "Wohl steht es um den, den der Schmuck edlen Betragens und guter Sitten auszeichnet: Er gehört wahrlich zu denen, die ihrem Herrn mit reinen, deutlichen Taten beistehen."
ATN +88"Er ist Gott, erhaben ist Er, Seine Weisheit und Sein Wort?¹ Wenn der eine, wahre Gott - gepriesen sei Seine Herrlichkeit - sich den Menschen offenbart, verfolgt Er das Ziel, die Edelsteine ans Licht zu bringen, die in den Gesteinsadern ihres wahren, inneren Selbstes verborgen liegen. Daß den verschiedenen Gemeinschaften der Erde und den mannigfaltigen religiösen Glaubenssystemen niemals erlaubt sein sollte, feindselige Gefühle unter den Menschen zu nähren, gehört an diesem Tage zum Wesen des Glaubens Gottes und Seiner Religion. Diese Grundsätze und Gesetze, diese fest begründeten, machtvollen Systeme entspringen einer einzigen Quelle und sind die Strahlen desselben Lichtes. Daß sie voneinander abweichen, ist den unterschiedlichen Erfordernissen der Zeitalter zuzuschreiben, in denen sie verkündet wurden. Rüste dich, o Volk Bahás, in dem Bemühen, den Sturm religiösen Haders, der die Völker der Erde erregt, zum Schweigen zu bringen und jede Spur davon zu tilgen. Erhebe dich aus Liebe zu Gott und zu denen, die Ihm dienen, um dieser höchst erhabenen und bedeutungsvollen Sache beizustehen. Religiöser Fanatismus und Haß sind ein weltverzehrendes Feuer, dessen Gewalt niemand löschen kann. Nur die Hand göttlicher Macht kann die Menschen von dieser verheerenden Plage erlösen ... Betrachtet den Krieg zwischen zwei Staaten: Beide verlieren Wohlstand und Leben! Wie viele Dörfer gehen zugrunde! Also leuchtet das Gebot in der Lampe des Gotteswortes."
¹ Anschließend bis Abschnitt 89 und 91 vgl. Ährenlese 132 (In der alten Übersetzung E. G. Brownes hieß es etwa: "Der eine Wahre hat in jedem Zeitalter einen Treuhänder gesandt, um in dem Schatzberg Mensch die Edelsteine der Vollkommenheiten zum Vorschein zu bringen. Die erste Grundlage des Glaubens Gottes und Seiner Religion ist: Sie sollen nicht verschiedene Sekten und abweichende Pfade zur Ursache und zum Anlaß von Haß machen. Diese Grundsätze und Gesetze, die festen, sicheren Straßen, kommen vom selben Aufgangsort und leuchten vom selben Morgen, und ihre Unterschiede entspringen der Rücksicht auf die Erfordernisse der Zeit, der Reife, des Alters und der Epoche. Rüste dich, o Volk ...)
ATN +89"O Völker der Welt! Ihr seid die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges. Verkehrt miteinander in inniger Liehe und Eintracht, in Freundschaft und Verbundenheit. Er, die Sonne der Wahrheit, bezeugt Mir: So machtvoll ist das Licht der Einheit, daß es die ganze Erde erleuchten kann. Der eine, wahre Gott, der alle Dinge kennt, bezeugt die Wahrheit dieser Worte. Bemüht euch, daß ihr diese überragende, diese höchst erhabene Stufe erreicht, welche der ganzen Menschheit die Gewähr für Schutz und Sicherheit bieten kann. Dieses Ziel überragt jedes andere Ziel, dieses Streben ist der Fürst allen Strebens."
ATN +90"Wir vertrauen darauf, daß Gott den Königen der Erde beistehen wird, die Erde mit dem strahlenden Licht der Sonne der Gerechtigkeit zu erleuchten und zu schmücken. Einmal redeten Wir in der Sprache des Gesetzes, ein andermal in der Sprache der Wahrheit und des Weges; und der letzte Gegenstand und das Fernziel waren die Darlegung dieser hohen überragenden Stufe. Und Gott genügt als Zeuge."
ATN +91"O Volk Bahás! Verkehrt mit allen Menschen im Geiste der Freundlichkeit und Verbundenheit. Wenn ihr um eine bestimmte Wahrheit wißt, wenn ihr ein Juwel besitzt, das anderen versagt ist, so teilt es ihnen mit in einer Sprache höchster Liebenswürdigkeit und besten Willens. Wenn es angenommen wird und seinen Zweck erfüllt, ist euer Ziel erreicht. Wenn jemand es zurückweist, überlaßt ihn sich selbst und bittet Gott, ihn zu führen. Hütet euch, daß ihr ihn nicht unfreundlich behandelt. Eine freundliche Zunge ist ein Magnet für die Menschenherzen. Sie ist das Brot des Geistes, sie kleidet die Worte in Bedeutung, sie ist der Lichtquell der Weisheit und des Verstehens."¹
¹ vgl. Ährenlese 132:5"Hätte das Volk der Einheit in späterer Zeit nach dem ruhmreichen Gesetz, das nach dem erhabenen Siegel [der Propheten] kam - möge das Leben aller außer Ihm ein Opfer für Ihn sein -, gehandelt und sich fest daran gehalten, die Grundfesten der Religion wären nicht erschüttert und volkreiche Städte nicht zerstört worden, sondern Frieden und Heiterkeit wären eingezogen und hätten Stadt und Land geschmückt."
ATN +93"Achtlosigkeit und Uneinigkeit der Begünstigten und der Rauch gottloser Seelen hat die lichte Nation sichtlich verfinstert und geschwächt. Hätten sie gehandelt [wie sie sollten], sie wären nicht achtlos gewesen gegenüber dem Licht der Sonne der Wahrheit."
ATN +94"Dieses Opfer wurde von alters her bis zum heutigen Tag gequält von den Händen der Achtlosen. Einmal vertrieben sie Uns grundlos in den Iráq, ein andermal nach Adrianopel und von dort nach Akká, einem Verbannungsort für Mörder und Räuber; wer weiß, wo Wir Unsere Bleibe finden werden nach diesem Größten Gefängnis. Gott allein weiß es, der Herr des Thrones und des Staubes und der Herr der erhabenen Stätte. Gleich, wo Wir sind und was Uns widerfährt, die Heiligen müssen vollkommen standhaft und zuversichtlich ihren Blick auf den Höchsten Horizont richten und sich um die Erneuerung der Welt und die Erziehung der Völker mühen. Was geschah und was geschehen wird, ist Werkzeug und Mittel zur Förderung der einen Welt. Haltet euch an Gottes Gebot, haltet euch fest daran: Wahrlich, es ist herabgesandt von einem weisen Verordner."
ATN +95"Aus vollkommenem Mitleid und Erbarmen haben Wir die Völker der Welt zu dem geführt und gelenkt, was ihren Seelen nützt. Ich schwöre bei der ¹Sonne der Wahrheit, die von den höchsten Horizonten der Welt herniederscheint, daß das Volk Bahás seit jeher kein anderes Ziel hat als die Wohlfahrt und die Neugestaltung der Welt und die Läuterung der Völker. Zu allen Menschen sind sie aufrichtig und gütig. Ihr Äußeres [Bild] entspricht ihrem Inneren [Herz], und ihr Inneres gleicht ihrem Äußeren. Dies ist nicht verborgen oder verhüllt, sondern steht klar und sichtbar vor [aller] Augen. Ihre Taten bezeugen diese Worte. Heute mag jeder mit Einsicht Begabte aus Tun und Benehmen des Volkes Bahás seine Schlüsse ziehen über ihre Sache und aus ihrem Reden und Verhalten Kenntnis gewinnen über ihr Ziel. Aufs höchste branden die Wogen des Meeres göttlicher Barmherzigkeit, und unaufhörlich stürzen die Wasser aus den Wolken Seiner Gnade und Gunst hernieder. Während Seines Aufenthaltes im Iráq verkehrte dieser Unterdrückte offen und unverstellt mit allen Gesellschaftsschichten. Wieviele aus aller Welt kamen als Feinde und gingen als Freunde! Das Tor der Gnade war offen vor aller Augen. Wir verkehrten gleicherweise mit Aufrührern wie mit Gehorsamen, damit die Missetäter vielleicht ihren Weg zum Meere grenzenloser Vergebung fänden. Der Glanz des Namens der Verbergende war derart offenbar, daß der Missetäter wähnte, zu den Guten zu zählen. Kein Bote wurde enttäuscht, keine Frage zurück gewiesen. Daß Menschen sich abwandten und fernblieben, ist bestimmten persischen Doktoren und den unziemlichen Taten der Unwissenden zuzuschreiben. Mit `Doktoren` sind in diesem Abschnitt diejenigen gemeint, die die Menschheit von den Meeresküsten der Einheit zurückhalten,- was die wirklich Gelehrten angeht, die [ihr Wissen] anwenden, und die Weisen, die gerecht handeln, so sind sie der Lebenshauch für den Körper der Welt. Wohl steht es um den Gelehrten, dessen Haupt die Krone der Gerechtigkeit schmückt und dessen Leib sich der Zier der Rechtschaffenheit erfreut. Die Feder der Mahnung ermahnt die Freunde und gebietet ihnen Nächstenliebe, Erbarmen, Weisheit und Güte. Dieser Unterdrückte ist heute ein Gefangener; Seine Verbündeten sind die Heerscharen guter Taten und Tugenden, nicht Rang oder Heere und Waffen. Eine heilige Tat macht die irdische Welt zum höchsten Paradies."
¹ von hier ab vgl. die Abschnitte 95 und 96 mit Ährenlese 126:2f
ATN +96"O Freunde, helft diesem Unterdrückten mit angenehmen Tugenden und guten Taten! Jede Seele strebe heute darnach, die höchste Stufe zu erreichen. Sie achte nicht dessen, was in ihr ist, sondern was in Gott ist. Sie achte nicht dessen, was ihr selbst nützt, sondern was das Wort Gottes erhöht, dem sie Gehorsam schuldet. Das Herz muß geheiligt sein von aller Selbstsucht und Begierde, denn Gottesfurcht ist seit jeher die Waffe des Volkes der Einheit und der Heiligen. Sie ist der Schild, der die Menschen vor den Pfeilen des Hasses und der Abscheu schützt. Der Gottesfurcht Banner war immer siegreich, sie zählt zu den mächtigsten Heeren der Welt. Durch sie erobern die Heiligen mit Gottes, des Herrn der Heerscharen, Erlaubnis die Städte der Herzen [der Menschen]. Finsternis umhüllt die Erde: Die Licht spendende Lampe ist seit jeher die Weisheit. Ihrem Gebot ist unter allen Umständen zu folgen. Und weise ist es, der Rede Maß und Art abzustimmen auf das wo und wie. Und weise ist es, kritisch zu sein, denn der Mensch soll nicht alles hinnehmen, was jemand sagt."
ATN +97"In jeder Lage begehre von dem Wahren - verherrlicht sei Seine Herrlichkeit -, daß Er Seine Diener nicht des versiegelten Weines [der Gebote Gottes] und des Lichtes des Namens der Selbstbestehende beraube."
ATN +98"O Freunde Gottes, wahrlich, die Feder der Aufrichtigkeit gebietet euch höchste Treue. Beim Leben Gottes, ihr Licht leuchtet heller als die Sonne! Ihr Licht, ihr Glanz, ihre Strahlen stellen alles andere Licht in den Schatten. Wir bitten Gott, daß Er die Lichtstrahlen der Sonne der Treue nicht von Seinen Städten und Ländern fernhalte. Tag und Nacht führen Wir alle Menschen zu Treue, Keuschheit, Reinheit und Beständigkeit, verordnen gute Taten und wohlgefällige Eigenschaften. Tag und Nacht schrillt die Feder und spricht die Zunge, daß sich das Wort gegen das Schwert erhebe, Geduld gegen Wildheit, daß Ergebenheit Unterdrückung ersetze und Hingabe das Martyrium begleite. Dreißig Jahre und länger war diese unterdrückte Gemeinde geduldig in allem, was über sie kam, und stellte sich Gott anheim. Seit jeher bezeugt dies jeder Ehrliche und Gerechte. Seit dieser Zeit befaßt sich dieser Unterdrückte mit Ermahnungen zum Guten, mit wirksamen und hinreichenden Ratschlägen, bis vor aller Augen deutlich ward, daß Er sich als Opfer zum Ziel für die Pfeile des Unglücks machte, um die Schätze, die in [der Menschen] Seelen verwahrt sind, zum Vorschein zu bringen. Streit und Hader passen seit jeher zu den Raubtieren der Erde, dem Menschen [hingegen] ziemen lobenswerte Taten."
ATN +99"Heilig ist der Barmherzige, der den Menschen erschaffen und ihm klare Rede gegeben.¹ Nach all diesem Aufruhr sind weder die Staatsminister noch die gelehrten Geistlichen zufrieden. Nicht eine Seele fand sich, die am Hofe der Majestät des Königs - gebe Gott seinem Königreich Dauer - ein Wort für Gott eingelegt hätte. Nichts wird Uns geschehen, was nicht Gott für Uns bestimmt. Sie handelten nicht freundlich und ließen es an Bosheit nicht fehlen. Gerechtigkeit wurde zum Phönix und Treue zum Stein des Weisen: Keiner sprach für das Recht. Es schien, als wäre den Menschen Gerechtigkeit verhaßt und aus allen Landen vertrieben wie Gottes Volk. Verherrlicht sei Gott! Während des Vorfalls im Lande Tá sprach nicht einer für das, was Gott befahl. Um ihre Macht zu entfalten und vor dem König - gebe Gott seinem Königreich Dauer - ihren Dienst zur Schau zu stellen, nennen sie das Gute böse und den Erneuerer einen Umstürzler. Dergleichen Leute würden den Tropfen als Meer und das Stäubchen als die Sonne hinstellen. Sie nennen die Hütte in Kulayn² `die starke Festung` und schließen die Augen vor der deutlichen Wahrheit. Sie greifen einige Erneuerer der Welt an und bezichtigen sie des Aufruhrs. So wahr Gott lebt, diese Menschen haben nie ein anderes Ziel als den Ruhm ihres Staates und den Dienst an ihrem Volk! Für Gott sprachen sie, für Gott sprechen sie und auf Gottes Weg wandeln sie."
¹ Quran 55:4-5 ² dem Báb zugewiesener Verbannungsort, siehe Absatz 27
ATN +100"O Freunde, bittet Ihn, das Verlangen aller Erdenbewohner, daß Er der Majestät dem König - gebe Gott seinem Königreich Dauer - beistehe, damit das Sonnenlicht der Gerechtigkeit alle Gebiete Persiens mit Ruhe und Frieden schmücke. Wie man hört, hat er auf Eingebung seines gesegneten Wesens die Geknechteten erlöst und den Gefangenen die Freiheit geschenkt. Es besteht die Pflicht - und ist den Frommen selbstverständlich -, den Dienern [Gottes] bestimmte Dinge vor Augen zu führen, damit die Guten sie sehen und erkennen. Wahrlich, Er gibt, wem Er will, was Er will, und Er ist der Machtvolle, der Verordner, der Wissende, der Weise."
ATN +101"Diesem Unterdrückten ist aus jenem Land etwas zu Ohren gekommen, das Ihn wahrlich erstaunte. Seine Hoheit, der Mu'tamidu'd-Dawlih, Farhád Mirza, sagte über diesen Gefangenen etwas, das zu wiederholen unerfreulich wäre. Dieses Opfer hatte nur sehr wenig mit ihm oder seinesgleichen zu tun. Soweit erinnerlich, besuchte er (nur) zweimal diesen Unterdrückten in Murgh-Mahallih in Shimí'rán, wo Er wohnte. Bei der ersten Gelegenheit kam er an einem Nachmittag, bei der zweiten an einem Freitag morgen und kehrte bei Sonnenuntergang zurück. Er weiß genau, daß er nicht das Gegenteil der Wahrheit sprechen sollte. Wenn jemand zu ihm kommt, möge er ihm im Namen dieses Unterdrückten sagen: `O Fürst! Ich bitte Eure Hoheit um Recht und Billigkeit für dieses arme Opfer`. Wohl steht es um die Seele, die die Verderbten mit ihren Zweifeln nicht davon abhalten, Gerechtigkeit zu üben, und sie nicht des Lichtes der Billigkeit berauben. O ihr Heiligen Gottes, am Ende Unserer Abhandlung legen Wir euch nochmals ans Herz: Seid keusch, treu, gottesfürchtig, aufrichtig und rein. Legt das Böse ab und macht euch das Gute zu eigen. Dies befiehlt euch das Buch Gottes, des Wissenden, des Weisen. Wohl dem, der [darnach] handelt. In diesem Augenblick schreit die Feder auf und spricht: `O ihr Heiligen Gottes, seht auf den Horizont der Rechtschaffenheit; gebt auf, trennt und befreit euch von allem, was ihr nicht entspricht. Es gibt keine Kraft und keine Macht außer in Gott.`"
ATN +102Kurz, über diese Gemeinde war früher in allen Provinzen Persiens viel Krauses und Schrilles, ja, was mit Menschenart unvereinbar ist und ihrer göttlichen Stiftung widerspricht, allgemein geläufig und in aller Munde. Als sich aber ihre Grundsätze fest eingeprägt hatten und sie mit ihren Verhaltensweisen bekannt und gewürdigt wurden, fielen die Schleier des Zweifels und des Mißtrauens; der wahre Charakter dieser Glaubensgemeinschaft wurde deutlich, und es stellte sich bald heraus, daß ihre Grundsätze keine menschlichen Phantasien waren und ihre Grundlagen sich von [landläufigen] Meinungen und Urteilen unterschieden. An ihrem Verhalten, ihren Taten, ihren Sitten und ihrer Einstellung war nichts auszusetzen - die Einwände in Persien richten sich gegen bestimmte Ansichten und Lehrsätze dieser Sekte. Und an verschiedenen Zeichen konnte man ablesen, daß die Menschen Zutrauen gewannen in die Glaubensgemeinschaft wegen deren Vertrauenswürdigkeit, Treue und Rechtschaffenheit in allen Unternehmungen.
ATN +103Zurück zu unserem Thema. Während ihres Aufenthalts im Iráq wurden die Bábí in der ganzen Welt bekannt. Denn ihr Exildasein machte sie derart berühmt, daß viele andere Gruppen Anschluß suchten und auf Wege sannen, um in vertrauten Umgang [mit ihnen] zu treten. Aber das Oberhaupt dieser Gemeinschaft wußte um die Ziele all dieser Gruppen und handelte äußerst konsequent, umsichtig und fest. Er verließ sich auf niemanden, sondern spornte sie an, sich entschlossen guten Zielen für Staat und Volk zu widmen, und Er ermahnte jeden einzelnen. Diese Haltung des Oberhauptes wurde im Iráq allgemein bekannt.
ATN +104Ebenso wünschten während ihres Aufenthalts im Iráq einige Vertreter ausländischer Regierungen ihre Bekanntschaft und suchten freundliche Beziehungen [zu ihnen], aber das Oberhaupt ließ sich nicht darauf ein. Hinzu kam unter anderen Merkwürdigkeiten, daß sich im Iráq Mitglieder der königlichen Familie mit den [ausländischen] Regierungsvertretern verständigten und mit ihnen mittels Versprechungen und Drohungen Intrigen spannen. Aber diese Gemeinschaft öffnete den Mund zu Tadel, ermahnte sie und sagte: `Welche Niedertracht! Welch heller Verrat, daß ein Mensch für weltlichen Gewinn, aus Eigennutz, Bequemlichkeit, Lebens- und Besitzangst derart großen Schaden und offenkundigen Verlust auf sich nimmt und auf eine Weise handelt, daß ihm das nur zu tiefster Erniedrigung, größter Schande und Ehrlosigkeit jetzt und hernach gereichen kann. Jede Gemeinheit kann man mitmachen, nicht aber Landesverrat, und jede Sünde läßt sich entschuldigen und verzeihen, aber nicht [die], Schande über seine Regierung und sein Volk zu bringen.` Dabei hielten sie sich vor Augen, daß sie patriotisch zu handeln, aufrichtig und loyal zu sein und die Treuepflicht als heilig anzusehen hatten - ein edles Ziel, das sie als moralische Pflicht betrachteten. So breiteten sich Gerüchte hierüber im ganzen arabischen Iráq aus, und wer seinem Land wohlgesinnt war, äußerte Dank und drückte Anerkennung und Respekt aus. Und vermutlich wurde über diese Ereignisse auch am Königshof gesprochen; aber bald wurde bekannt, daß einige Shaykhs an den Heiligsten Schreinen, die in Briefkontakt mit dem Hof, ja mit dem König selbst, standen, dieser Sekte unausgesetzt und heimlich befremdliche Beziehungen unterstellten, wobei sie sich einbildeten, daß solches Tun ihnen das Wohlwollen des Hofes eintrüge und Rang und Würden einbrächte. Und da am Hof, diesem Angelpunkt der Gerechtigkeit, niemand frei über diese Sache sprechen konnte, da auch gerechte Minister, [die über den wahren Sachverhalt] Bescheid wußten, Schweigen als die beste Politik ansahen, bekam die iráqische Frage in Tihrán aufgrund dieser falschen Darstellungen und Gerüchte, Gewicht und wurde gewaltig aufgebauscht. Doch die Generalkonsuln wußten, wie es stand, und handelten weiterhin maßvoll, bis Mirza Buzurg Khán aus Qazvín Generalkonsul in Baghdád wurde. Weil dieser Mann die meiste Zeit betrunken war und außerdem bar jeden Weitblicks, wurde er zum Komplizen und Bundesgenossen jener Shaykhs im Iráq und gürtete beherzt seine Lenden, um zu zerstören und zu vernichten. Er verfaßte Eingaben, so bildkräftig er konnte und was der Finger hergab, und stellte Behauptungen auf. Jeden Tag schrieb er heimlich einen Bericht nach Tihrán, verschwor sich mit den Shaykhs und sandte diplomatische Noten an die Exzellenz, den Geschäftsträger [in Konstantinopel]. Aber da seine Behauptungen und Beteuerungen aus der Luft gegriffen waren, wurden sie alle vertagt und aufgeschoben, bis am Ende die Shaykhs ein Treffen vereinbarten, um mit dem General[-konsul] zu beraten; dazu riefen sie eine Anzahl gelehrter Doktoren und hoher Geistlicher in [der Moschee der] `Zwei Kázims` - Friede sei mit ihnen - zusammen und schrieben, nachdem sie übereingekommen waren, an die Geistlichen von Karbilá der Erhabenen, und Najaf, der Edelsten, und luden sie alle ein. Sie kamen, manche wußten etwas, andere wußten nichts. Zu letzteren gehörte der berühmte und kundige Doktor, der edle, gefeierte Gelehrte und Siegel der Wahrheitssucher, Shaykh Murtadá - inzwischen deckt ihn die Erde, damals war er das von allen anerkannte Oberhaupt, das ohne Kenntnis [dessen, was vor sich ging,] ankam. Aber sobald er über die wirklichen Pläne Bescheid wußte, sagte er: `Ich weiß nicht so genau, was diese Sekte wirklich ist, ich kenne weder ihre geheimen Dogmen noch ihre verborgenen theologischen Lehren, auch habe ich bis jetzt im Verhalten und in der Lebensweise dieser Gemeinschaft nichts erlebt oder wahrgenommen, was vom Deutlichen Buche abwiche und mich dazu bewegen könnte, sie als Ungläubige zu bezeichnen. Darum entschuldigt mich in dieser Angelegenheit; wer meint, es sei seine Pflicht, mag handeln.` Nun hatten die Shaykhs und der Konsul vorgehabt, plötzlich allgemein loszuschlagen, aber weil der verstorbene Shaykh nicht mitspielte, fiel der Plan ins Wasser und brachte ihnen in der Tat nur Schande und Enttäuschung ein. So ging die Versammlung von Shaykhs, Doktoren und einfachem Volk aus Karbilá wieder auseinander.
¹ siehe Glossar (Kázimayn)Gerade damals bemühten sich überall boshafte Leute - [darunter] auch entlassene Staatsdiener -, so auf die Sekte einzuwirken, daß sie womöglich ihre Richtung und Haltung änderte. Aus allen Ecken und Enden kamen unausgesetzt Lügenbotschaften und beunruhigende Nachrichten, daß der persische Hof die erklärte Absicht hätte, die Sekte mit Stumpf und Stiel auszurotten, daß ständig Briefe mit den örtlichen Behörden hin und hergingen und in Kürze alle [ Bábí] in Handschellen nach Persien ausgeliefert würden. Aber die Bábí blieben die ganze Zeit ruhig und gelassen, ohne ihr Verhalten im geringsten zu ändern.
ATN +106Als Mirza Buzurg Khán auch damit sein ersehntes Ziel verfehlte, brütete er in seiner Bosheit darüber nach, wie er die Bábí sonst schädigen und demütigen könnte. Tag für Tag suchte er neue Vorwände, sie zu beschimpfen, brach irgendeinen Tumult vom Zaun und pflanzte das Banner der Zwietracht auf, bis die Sache sich so zuspitzte, daß jederzeit ein Aufstand auszubrechen, die Zügel zu entgleiten, die Herzen jäh in Unruhe und Verwirrung, die Gemüter in Angst und Qual zu stürzen drohten.
ATN +107Als nun [die Bábí] nicht mehr wußten, wie sie mit diesen Verrücktheiten fertig werden sollten - denn was sie auch taten, schlug fehl -, als sie keinen Ausweg mehr sahen aus diesem Durcheinander, keine Gerechtigkeit in dem, was ihnen da blühte, überlegten und zögerten sie neun Monate lang, und am Ende ließen sich einige von ihnen als Staatsbürger der hohen osmanischen Regierung einschreiben, um weiteren Schaden abzuwenden und den Aufruhr [damit] zu beschwichtigen. Dadurch wurde die Unruhe gemildert, und der Konsul hörte auf, sie zu belästigen, aber er meldete das Ganze dem königlichen Hof in einer Weise, die die Tatsachen auf den Kopf stellte und der Wahrheit widersprach, und gemeinsam mit den verbündeten Shayhks sann er unentwegt weiter darauf, [die Bábí] zur Raserei zu bringen. Als er dann aber entlassen und von Unglück verfolgt wurde, zerfloß er vor Reue.
ATN +108Wir wollen mit unserem Thema fortfahren. Etwas über elf Jahre lebte Bahá'u'lláh im arabischen Iráq. Die Glaubensgemeinschaft führte sich in einer Weise, daß [Sein] guter Ruf und hohes Ansehen wuchsen. Denn Er stand jetzt im Rampenlicht der Gesellschaft, verkehrte mit allen Schichten und sprach mit gelehrten Doktoren über schwierige theologische Fragen und die wahre Bedeutung verwickelter Sätze der Gottesgelehrsamkeit. Wie man allenthalben von Einheimischen wie von Besuchern hörte, entzückte Er sie alle durch Seine höflichen Umgangsformen und liebenswürdigen Worte. Sein Auftreten ließ die Menschen an Zauberei glauben und Ihn für einen Meister der okkulten Wissenschaften halten.
ATN +109Während dieser Zeit hielt sich Mirza Yahyá versteckt, wie er es auch früher gehalten hatte, bis er nach dem Erlaß der Majestät, des osmanischen Monarchen, der die Entfernung Bahá'u'lláhs aus Baghdád anordnete, [Ihn] weder verlassen noch begleiten wollte. Einmal überlegte er, nach Indien aufzubrechen, ein andermal, sich im Türkenland niederzulassen, aber da er sich für keinen der beiden Pläne entscheiden konnte, vermummte er sich schließlich als Derwisch und machte sich auf eigene Faust vor allen anderen auf den Weg nach Karkúk und Arbíl. Von dort gelangte er in langen Märschen nach Mosul, wo er bei der Ankunft der Hauptgruppe sein Lager neben der Karawane aufschlug. Und obwohl ihnen während der Reise die Gouverneure und Amtsträger äußerst zuvorkommend und ehrerbietig entgegenkamen und die Märsche und Pausen gleichermaßen würdig und ehrenvoll abliefen, tarnte er sich durch ständigen Kleiderwechsel und war immer auf der Hut, weil er meinte, es könne leicht zu einem Überfall kommen.
ATN +110So gelangten sie nach Konstantinopel, wo ihnen in einem Gästehaus der ruhmreichen osmanischen Monarchie Unterkünfte zugewiesen wurden. Anfangs erwies man ihnen in jeder Hinsicht größte Aufmerksamkeit. Weil die Unterkünfte zu eng waren für so viele Menschen, zogen sie am dritten Tag in ein anderes Haus. Einige Adlige kamen sie besuchen, um mit ihnen zu sprechen, und verhielten sich, so wird berichtet, angemessen. Ungeachtet dessen, daß viele bei Treffen und Versammlungen sie weiterhin verdammten, beschimpften und sagten, `diese Sektierer sind ein Unglück für die ganze Welt, der Ruin für Verträge und Bündnisse, sie sind eine Quelle des Unheils und Verderbens für alle Länder, sie haben ein Feuer angezündet, das die Erde verzehrt, und verdienen, wenn sie auch von außen harmlos aussehen, Strafen aller Art`, blieben die Bábí geduldig, ruhig, besonnen und standhaft. Sie bestürmten auch nicht hochgestellte Persönlichkeiten, selbst nicht in Notwehr, oder drängten sich in den Häusern der Großen des Reiches. Mit welchen der Prominenten, mit denen Er [Bahá] sprechen wollte, sie auch zusammentrafen - nie fiel ein anderes Wort als über Wissenschaft und Kunst zwischen ihnen, bis einige Adlige versuchten, Ihm Hinweise und freundliche Ratschläge zu geben, und sagten: `Die Sitte gebietet es, zu appellieren, eure Sache darzulegen und um Gerechtigkeit zu bitten.` Er gab zur Antwort: "Wir sind in dieses Land gekommen, um dem königlichen Befehl Gehorsam zu leisten. Darüber hinaus hatten und haben Wir keine Absicht und keinen Wunsch, daß Wir Eingaben machen und Schwierigkeiten verursachen müßten. Was [noch] hinter dem Schleier des Schicksals verborgen ist, wird sich in Zukunft zeigen. Bisher bestand keinerlei Notwendigkeit für aufdringliche Bittgesuche. Wenn die aufgeklärten Führer [eurer Nation] weise und gewissenhaft sind, werden sie gewiß Nachforschungen anstellen und sich mit dem wahren Sachverhalt vertraut machen; wenn nicht, können sie die Wahrheit sowieso nicht erkennen. Wozu soll man unter diesen Umständen Staatsmänner behelligen und die Minister des Hofes anbetteln? Wir machen Uns keinerlei Sorgen und sind gefaßt auf alles, was Uns bestimmt ist. `Sprich: Alles ist von Gott`¹, ist Beweis genug, und: `Wenn Gott dich mit Unglück schlägt, gibt es keinen, es hinwegzunehmen, als Ihn`², ist heilende Arznei."
¹ Quran 4:79 ² Quran 6:18; 10:108
ATN +111Nach einigen Monaten wurde ein königlicher Erlaß verkündet, der ihnen Adrianopel im Bezirk Rumelien zum Aufenthalt und Wohnsitz bestimmte. Von [türkischen] Offizieren begleitet, zogen die Bábí allesamt dorthin und ließen sich da nieder. Wie von verschiedenen Reisenden und von großen, gelehrten Männern dieser Stadt zu hören war, betrugen sie sich dort ebenfalls so, daß die Einwohner des Bezirks und die Behördenvertreter Gutes von ihnen sprachen und ihnen mit Achtung begegneten. Kurz, da Bahá'u'lláh wie gewohnt mit Doktoren, Gelehrten, einflußreichen Persönlichkeiten und Adligen verkehrte und dadurch in ganz Rumelien bekannt und berühmt wurde, kamen auch die Mittel zusammen, die das Leben leichter machten; Angst und Furcht wichen, sie ruhten auf dem Lager der Sorglosigkeit und verbrachten ihre Zeit in Frieden, bis einer namens Siyyid Muhammad aus Isfahán, ein Anhänger [des Báb], sich zum Vertrauten und Verwandten Mirza Yahyás machte und [damit] zum Grund für Ärger und Aufruhr wurde. Mit anderen Worten: Er zettelte heimlich eine Intrige an und führte Mirza Yahyá in Versuchung, indem er sagte: `Diese Gemeinde ist berühmt geworden in aller Welt und ihr Name hat einen edlen Klang bekommen. Ihr droht keine Gefahr mehr, du brauchst keine Angst mehr zu haben und dich nicht mehr zu verstecken. Höre also auf nachzufolgen, damit die Welt dir folge, und tritt hervor unter den Anhängern, damit man dich feiert unter allen Horizonten.` Mirza Yahyá, unerfahren und unbedacht ob der Folgen, ließ sich von diesen Worten verzaubern und von seinem Verhalten betören. Der eine glich dem Säugling, der andere der vielgepriesenen Mutterbrust. Wie eindringlich ihn auch einige Häupter der Gemeinde mahnten, ihn auf den Pfad der Besonnenheit verwiesen und sagten: `So viele Jahre wurdest du in den Armen deines Bruders genährt und hast auf den Kissen der Bequemlichkeit und der Freude geruht; was sind das für wahnwitzige Ideen? Laß dich doch nicht durch diesen leeren Namen¹, der [dir] aus bestimmten Erwägungen und aus Gründen der Zweckmäßigkeit verliehen wurde, betören, und setze dich nicht dem Tadel der Gemeinde aus. Dein Rang und dein Wert hängen an einem Wort, und deine Erhebung hatte einen triftigen Grund, sie diente dem Schutz.` Je mehr er aber ermahnt wurde, desto weniger fühlte er sich angesprochen; wie sehr sie ihn auch zu lenken suchten - er fuhr fort, seinen Vorteil im Widerstand zu sehen. Später entzündete sich auch die Glut der Gier und Habsucht, und obgleich keinerlei Not herrschte und die Lebensumstände leicht und bequem waren, verfielen sie darauf, an Gehälter und Unterhaltszahlung zu denken, und einige der von Mirza Yahyá abhängigen Frauen gingen zum Palast [des Gouverneurs] und flehten um Unterstützung und Almosen. Als Bahá'u'lláh davon erfuhr, verwies Er die beiden [Mirza Yahyá und Siyyid Muhammad] aus Seiner Nähe.
¹ Mirza Yahyá trug den Titel Subh-i-Azal, "der Morgen der Ewigkeit". Bahá'u'lláh zitiert in diesem Zusammenhang Amos 4:12-13, wo gesagt wird, daß Gott `den Morgen in Finsternis verwandelt`; vgl. Bahá'u'lláh, Brief an den Sohn des Wolfes 212. Bezüglich anderer Titel Mirza Yahyás vgl. Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 7:24.
ATN +112Dann machte sich Siyyid Muhammad auf nach Konstantinopel, um seine Unterhaltszahlung abzuholen, und stieß das Tor der Leiden auf. Wie berichtet wird, verursachte dies die größte Besorgnis und den Abbruch der Beziehungen. Darüber hinaus brachte er dreist in Konstantinopel Gerüchte in Umlauf, darunter auch die Behauptung, die aus dem Iráq gekommene wichtige Persönlichkeit sei Mirza Yahyá. Verschiedene Leute merkten, daß man mit diesem Stoff hervorragend Zwietracht säen und Aufruhr stiften konnte; sie unterstützten ihn beifällig, ermunterten ihn aufreizend und sagten: `Du bist wahrlich die Hauptstütze und der anerkannte Nachfolger: Handle mit Autorität, damit Gnade und Segen augenscheinlich werden. Ein Meer ohne Wogen ist ohne Klang, und aus Wolken ohne Blitz und Donner kommt kein Regen.` Durch solches Gerede ließ sich dieser unglückselige Mann dann zu seinen Taten hinreißen und zu eitlen Worten verführen, die das Denken [der Menschen] verwirrten. Allmählich begannen die üblichen Antreiber und Aufwiegler an allen Ecken und Enden, ja selbst bei Hofe, mit ihren gehässigen Verleumdungen und sagten: `Die Bábí reden dies und erklären das; [ihr] Tun ist so, und reden tun sie so und so.` Derartige Hetzreden und Intrigen ließen die Dinge in völlig falschem Licht erscheinen, außerdem sprachen sich bestimmte Pläne über Selbstschutzmaßnahmen herum, die man als notwendig erachte. Man überlegte, ob es nicht ratsam sei, die Bábí zu verbannen; und plötzlich kam der Befehl: Bahá'u'lláh wurde aus Rumelien ausgewiesen; warum, war nicht bekannt, auch nicht, wohin sie Ihn bringen wurden. Viel wurde heruMirzahlt, und viel Aufgebauschtes war zu hören, [der Tenor war:] keine Aussicht auf Rettung.
ATN +113Alle, die um Ihn waren, flehten einmütig darum, Ihn begleiten [zu dürfen], und so sehr die Behörden auch mahnten und es untersagten, es war vergeblich. Am Ende ließ sich einer namens Hájí Ja'far von seinem Kummer hinreißen und schnitt sich mit eigener Hand die Kehle durch. Als die Behörden das erfuhren, erlaubten sie allen, Ihn zu begleiten, und verfrachteten sie dann von Adrianopel zur Küste und von dort nach Akká. Mirza Yahyá wurde in gleicher Weise nach Famagusta verschickt.
Das Lawh-i-SultánWährend der letzten Tage in Adrianopel verfaßte Bahá'u'lláh einen ausführlichen Sendbrief, in dem Er alles klar und bis ins einzelne darlegte. Er erläuterte darin die Hauptprinzigien der Glaubensgemeinschaft, erklärte ihre ethischen Grundsätze, ihre Sitten, ihre Handlungsweise und die Art ihrer Lebensführung, behandelte ausführlich bestimmte politische Fragen und stellte verschiedene Beweise für seine Legitimität vor, verwies auf die Ziele, die Loyalität und Lauterkeit der Gemeinschaft und schrieb einige Gebetsabschnitte nieder, einige in Persisch, den größeren Teil in Arabisch. Den Brief tat Er in einen Umschlag, den Er mit dem Namen der Majestät des Königs von Persien schmückte, und schrieb [auf den Umschlag], daß eine Person reinen Herzens und reinen Lebens, Gott ergeben und bereit zum Märtyrertod, vollkommen selbstlos und aus freien Stücken diesen Sendbrief dem König überbringen werde. Ein Jugendlicher namens Mirza Badí aus Khurásán nahm den Brief und eilte in die Gegenwart der Majestät des Königs. Und da der königliche Troß sich im Lager außerhalb von Tihrán aufhielt, stellte er sich einsam an einem Felsen auf, der weit entfernt, aber genau gegenüber dem königlichen Zelt lag, und wartete Tag und Nacht auf den Vorbeizug der königlichen Eskorte oder die Erlaubnis, in die königliche Gegenwart zu treten. Drei Tage verbrachte er so, fastend und wachend, mit ausgezehrtem Leib und mattem Geist. Am vierten Tag hielt der König mit dem Fernglas Ausschau in alle Himmelsrichtungen, als sein Blick plötzlich auf diesen Mann fiel, der in demütiger Haltung auf dem Felsen saß. Er schloß daraus, daß der Mann vermutlich eine Danksagung, eine Beschwerde oder ein Gesuch um Wiedergutmachung und Gerechtigkeit [vorbringen] wollte. [Der König] sandte jemanden aus seinem Gefolge, um sich nach dem Jungen zu erkundigen. Dabei [stellte sich heraus], daß er einen Brief mit sich trug, den er eigenhändig dem König zu übergeben wünschte. Nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte, näherzutreten, trat er vor das Königszelt und rief mit lauter Stimme, unbeschreiblich würdevoll, gelassen und ehrerbietig: "O König, ich bin aus Saba zu dir gekommen mit wichtiger Kunde!"¹ [Der König] befahl, den Brief entgegen- und den Überbringer festzunehmen. Die Majestät der König wollte besonnen handeln und die Wahrheit herausfinden, aber die Anwesenden tadelten dies heftig und sagten: `Der Mann hat sich sehr vermessen und befremdlich dreist gezeigt, da er ohne Furcht und Zittern einen Brief von dem nach Bulgarien und ins Slawenland Verbannten, über den alles Volk verärgert ist, vor den König bringt. Wenn er nicht sofort schwer bestraft wird, wird die große Vermessenheit noch wachsen.` Die Minister waren also dafür ihn zu bestrafen, und befahlen die Folter. Als erstes folterten sie mit Kette und Stock und sagten: `Gib deine Freunde preis, dann kommst du frei von der qualvollen Bestrafung, laß deine Kameraden einsperren, dann kannst du der Kettenfolter und der Schärfe des Schwertes entgehen.` Doch wie sehr sie ihn auch folterten, brannten und quälten, sie stießen nur auf Standhaftigkeit und Schweigen und sahen [ihn] nur stumm dulden. Als die Folter ohne Ergebnis blieb, photographierten sie ihn [zuerst], wie er in völliger Demut und Gelassenheit mit Ketten gefesselt unter dem Schwert sitzt, rechts und links die Henkersknechte; dann schlugen sie ihn tot. Ich habe mir diese Photographie schicken lassen, und ich fand sie sehenswert: Er sitzt da in wundervoller Demut, in seltener Entsagung, völlig gottergeben.
¹ vgl. Quran 27:23Als die Majestät der König einige Abschnitte gelesen und den Inhalt des Sendbriefs zur Kenntnis genommen hatte, war er sehr betroffen von dem, was geschehen war, und drückte sein Bedauern aus, daß seine Höflinge übereilt gehandelt und so hart gestraft hatten. Er soll sogar dreimal gesagt haben: `Bestraft man jemanden, [der nur] der Überbringer eines Briefes ist?` Dann wurde der königliche Befehl gegeben, daß die hochwürdigen, gelehrten Doktoren und ehrenwerten, hochgebildeten Geistlichen eine Antwort auf das Sendschreiben verfassen sollten. Aber als die überaus kundigen Doktoren der Hauptstadt den Inhalt des Briefes begriffen, befanden sie, `... daß diese Person, abgesehen davon], daß sie von der Deutlichen Religion abweicht, sich in Sitte und Glaubensdinge einmischt und Königen und Kaisern Schwierigkeiten macht. Daher erfordert es der wohlbegründete Pfad, ja ist es die vornehmste Pflicht, [diese Sekte] streng zu unterdrücken, einzudämmen und auszurotten.`
ATN +116Doch diese Antwort wurde aus der [königlichen] Gegenwart nicht bestätigt, denn der Inhalt des Sendschreibens stand sichtlich nicht im Widerspruch zum Gesetz oder der Vernunft, beschäfigte sich weder mit politischen oder verwaltungstechnischen Angelegenheiten, noch berührte oder beeinträchtigte es den Thron der Souveränität. Sie hätten deshalb die anstehenden Punkte diskutieren und ausdrücklich eine solche Antwort schreiben sollen, die die Zweifel zerstreut und die Schwierigkeiten gelöst hätte und für alle zum Diskussionsthema geworden wäre.
ATN +117Aus diesem Sendbrief wollen wir hier verschiedene Stellen wiedergeben, damit man [das Ganze] besser versteht. Der Brief beginnt mit einem eindrucksvollen Abschnitt in arabischer Sprache, in dem Er [Bahá'u'lláh] Fragen der Religion und des Glaubens behandelt: das Opfer des Lebens auf dem Pfade des Geliebten, den Zustand der zufriedenen Gottergebenheit, das vielfältige Unglück, die Schwierigkeiten, Nöte, Heimsuchungen und den durch die Machenschaften der Feinde auf Ihn gefallenen Verdacht staatsfeindlicher Umtriebe, die Feststellung Seiner Unschuld vor der königlichen Majestät, die Verstoßung der Aufwiegler und die Distanzierung von der Rebellenpartei, die Voraussetzungen wahren Glaubens an die Verse des Quran, die Notwendigkeit frommer Tugenden, die Auszeichnung [des Menschen] vor allen anderen Geschöpfen auf dieser vergänglichen Wohnstatt, Gehorsam gegenüber den Geboten und Meidung des Verbotenen, Beweise, daß Gott die Sache des Báb stützt, das Unvermögen aller Erdenbewohner, einer Himmelsmacht zu widerstehen, Seine eigene Erweckung durch Gottes Sturzflut, was Ihn in grenzenlose Schwierigkeiten brachte, Sein Empfang der göttlichen Gaben, Seine Teilhabe an geistiger, gottgegebener Gnade, Seine Erleuchtung durch umittelbares Wissen, ohne daß Er je studiert hätte, die Entschuldbarkeit Seiner [Bemühungen], die Menschheit zu ermahnen, sie auf den Erwerb menschlicher Vollkommenheit auszurichten und sie mit dem Feuer der göttlichen Liebe zu entflammen, und Ermutigungen, den Sinn auf Höheres als die Würde irdischer Herrschaft zu lenken; außerdem ausdrucksvolle Gebete, [geschrieben] in der Haltung äußerster Selbstlosigkeit, Hingabe und Demut, und ähnliche Dinge. Danach behandelte Er [andere] Themen in persischer Sprache. Da heißt es:¹
¹das folgende Zitat umfaßt die Abschnitte 118-158"O Gott, dies ist ein Brief, den Ich dem König zu senden wünsche; und Du weißt, daß Ich nichts von ihm begehre, als daß er den Menschen Gerechtigkeit widerfahren läßt und den Bewohnern Deines Reiches Gunst erweist. Und wahrlich, bei Meiner Seele, nicht wünsche Ich, was Du nicht wünschst, und bei Deiner Macht, Ich wünsche nur, was Du wünschst. Zugrunde gehe das Wesen, das anderes von Dir wünscht als Dich! Und bei Deiner Herrlichkeit, Dein Wohlgefallen ist Meine letzte Hoffnung und Dein Wille Mein höchster Wunsch! So sei denn dieser armen [Seele] gnädig, o Gott, die sich an den Saum Deines Reichtums hält, und diesem demütigen [Bittsteller], der zu Dir ruft, denn Du bist wahrlich der Mächtige, der Große. Hilf o Gott, der königlichen Majestät, Deine Gesetze unter Deinen Dienern anzuwenden und Deine Gerechtigkeit unter Deinen Geschöpfen kundzutun, damit er über diese Gemeinde nicht anders herrsche als über ihren Nächsten. Wahrlich, Du bist der Starke, der Mächtige, der Weise."
ATN +119"Mit der Erlaubnis und Zustimmung des gegenwärtigen Königs wandte sich dieser Diener vom Sitz des königlichen Thrones (Tihrán) nach dem arabischen Iráq und blieb dort zwölf Jahre lang. Aus der Zeit [Seines dortigen] Aufenthalts gelangte kein Bericht über Seine Lebensumstände vor den König noch ging irgendeine Meldung an fremde Staaten. Im Vertrauen auf Gott wohnte Er in jenem Land, bis ein bestimmter Beamter in den Iráq kam und gleich nach seiner Ankunft darauf verfiel, eine Gruppe armer Unglücklicher zu plagen. Von bestimmten persischen Schriftgelehrten verleitet, setzte er diese Diener täglich unter Druck, obwohl an ihnen nichts zu beobachten war, das für Staat oder Kirche nachteilig oder mit den Prinzipien und Bräuchen ihrer Landsleute unvereinbar gewesen wäre. Das brachte diesen Diener zu der Überlegung: `Könnte es nicht sein, daß einige Aktionen, die im Widerspruch zu der weltverbessernden Absicht des Königs stehen, durch die Taten von Übertretern veranlaßt wurden?` Darum wurde eine kurze Darstellung [der Angelegenheit] an den Außenminister Mirza Sa'id Khán gesandt, damit er sie in der [königlichen] Gegenwart vorlege und man dann verfahren könne, wie es der königliche Befehl verkünden würde. Lange Zeit verging und kein Befehl kam, bis die Angelegenheit so stand, daß der plötzliche Ausbruch eines Aufstands befürchtet werden mußte, bei dem viel Blut fließen würde. Notgedrungen, zum Schutze der Diener Gottes, wandten sich einige [ Bábí] an den Gouverneur des Iráq. Wenn [der König] das Geschehene gerecht beurteilt, wird im Spiegel seines lichtvollen Herzens deutlich werden, daß das, was getan wurde, nur zweckdienlich war und daß es augenscheinlich keinen anderen Ausweg gab.¹ Der König wird bestätigen und bezeugen, daß überall, wo einige aus dieser Gemeinschaft lebten, gewisse Gouverneure mit ihrer Angriffslust das Feuer der Zwietracht und des Krieges entzündet haben. Aber dieser Erdengast unterband nach Seiner Ankunft im Iráq allen Aufruhr und Streit, und dieses Dieners Zeugnis ist Seine Tat, denn alle wissen und werden bestätigen, daß diese Gruppe an Zahl damals größer [war] als zuvor und dennoch niemand die rechten Grenzen überschritt noch irgend jemanden angriff. Seit nahezu fünfzehn Jahren halten sie allesamt Ruhe, schauen auf Gott, vertrauen auf Ihn, tragen geduldig, was über sie kommt, und überlassen es Gott. Und nach der Ankunft dieses Dieners hier in Adrianopel erkundigten sich einige Mitglieder der Gemeinde nach der Bedeutung von `Sieg`. Darauf wurden verschiedene Antworten erteilt, von denen eine auf dieser Seite wiedergegeben wird, damit in der [königlichen] Gegenwart deutlich wird, daß dieser Diener nur Frieden und Erneuerung im Sinn hat. Und sollten auch einige der göttlichen Gaben, die [Mir] ohne [eigenes] Verdienst gnädig verliehen wurden, nicht deutlich zum Ausdruck kommen, wird [zumindest] soviel zu erkennen sein, daß Gott in Seiner überreichen Gunst und unverdienten Gnade diesen Unterdrückten nicht des Schmuckes der Vernunft beraubt hat. Die Bedeutung von `Sieg` wurde erklärt mit den Worten:"
¹ Anspielung auf den Erwerb der türkischen Staatsbürgerschaft durch einige exilierte Bábí in Baghdád, siehe auch Abschnitt 107
""Er ist Gott, erhaben ist Er. Es ist bekannt, daß Gott - herrlich ist Sein Gedenken - über die Welt und was darinnen ist geheiligt ist und daß der Sinn von `Sieg` nicht darin liegt, daß einer mit dem anderen kämpft oder streitet. Der Herr des Er-tut-was-Er-will¹ hat das Reich der Schöpfung - Land und Meer - in die Hand von Königen gegeben, und sie sind die Verkörperungen der göttlichen Macht entsprechend ihrem jeweiligen Rang: Wahrlich, Er ist der Mächtige, der Unumschränkte. Aber was Gott - herrlich ist Sein Gedenken - für sich selbst begehrt, sind die Herzen Seiner Diener, diese Schatzkammern voll Lobpreis und Liebe zum Herrn, diese Speicher göttlichen Wissens und göttlicher Weisheit. Schon immer war es der Wille des ewigen Königs, die Herzen von den Einflüsterungen der Welt und was darinnen ist zu reinigen, damit sie bereit seien, vom Glanz des Herrn der Namen und Attribute erleuchtet zu werden. Darum darf kein Fremder in die Stadt des Herzens gelangen, damit der unvergleichliche Freund einziehe in Seine Wohnstatt - das heißt, der Glanz Seiner Namen und Attribute, nicht Sein Wesen - erhaben ist Er -, denn dieser unvergleichliche König bleibt immer und ewig geheiligt über Aufstieg oder Abstieg. Deshalb hat `Sieg` weder heute noch zukünftig etwas mit Feindschaft oder Streit gegen irgend jemanden zu tun; wohlgefällig ist vielmehr, wenn das Schwert des Wortes, der Weisheit und der Mahnung die Städte der Herzen [der Menschen], die unter der Herrschaft der Heerscharen der Selbstsucht und Begierde stehen, besiegt. Wer den `Sieg` begehrt, muß zuerst die Stadt seines eigenen Herzens mit dem Schwerte der geistigen Wahrheit und des Wortes bezwingen und sie schützen vor dem Gedenken an anderes als Gott: Dann mag er seinen Blick den Städten [anderer] Herzen zuwenden. Dies ist mit `Sieg` gemeint: Aufruhr gefällt Gott nicht, hat Ihm noch nie gefallen, und was gewisse Unwissende früher taten, fand niemals Billigung. Wenn ihr für Sein Wohlgefallen erschlagen werdet, ist dies wahrlich besser für euch, als selbst zu erschlagen. Heute müssen die Freunde Gottes unter den Dienern [Gottes] sich so verhalten, daß sie durch ihre Taten alle zum Wohlgefallen des Herrn der Herrlichkeit führen. Ich schwöre bei der Sonne des Horizontes der Heiligkeit: Die Freunde Gottes beachten niemals die Erde oder ihren vergänglichen Reichtum. Gott hat immer auf die Herzen [Seiner] Diener geblickt, auch dies aufgrund Seiner größten Gunst, damit sterbliche Seelen womöglich sich reinigen und heiligen von irdischem Tand und zu unvergänglichen Wahnstätten gelangen. Der wahre König hingegen genügt sich selbst [und ist unabhängig] von allem: Weder erwächst Ihm Vorteil aus der Liebe abhängiger Wesen, noch leidet Er Schaden durch ihren Haß. Durch Ihn erscheinen alle irdischen Stätten und zu Ihm kehren sie zurück, und Gott einzig und allein wohnt an Seiner eigenen Stätte, die geheiligt ist über Raum und Zeit, Gedenken und Sprechen, Zeichen, Beschreibung und Deutung, Höhe und Tiefe. Und niemand weiß darum außer Ihm und wer immer um das Buch weiß. Es ist kein Gott außer Ihm, dem Mächtigen, dem Freigebigen." Soweit dies."
¹ Quran 3:35; 22:19"Aber gute Taten hängen davon ab, daß der König persönlich [die Sache] mit gerechtem, gütigem Blick durchschaut und sich nicht zufriedengibt mit den Schilderungen gewisser Personen, die durch keinerlei Zeugnis oder Beweis gestützt sind. Wir bitten Gott, den König zu bestärken in dem, was Er will, denn was Er will, sollte der Wunsch der Welten sein."
ATN +122"Danach riefen sie diesen Diener nach Konstantinopel. Wir kamen dorthin zusammen mit einigen armen Unglücklichen, und nach Unserer Ankunft verkehrten Wir mit keiner einzigen Seele, denn Wir hatten [ihnen] nichts zu sagen, und es gab keinen Wunsch außer dem, daß vor aller Augen deutlich erwiesen und bewiesen werde, daß dieser Diener nicht an Aufruhr denkt und nie mit Aufrührern verkehrte. Und bei Ihm, dessen Geist alle Dinge preisen: Sich irgendwohin zu wenden, war angesichts gewisser Umstände schwierig, aber es wurde getan, um Leben zu schützen.¹ Wahrlich, Mein Herr weiß, was in Meiner Seele ist, und Er ist wahrlich Zeuge dessen, was Ich sage. Der gerechte König ist Gottes Schatten auf Erden; alle sollten Zuflucht finden im Schatten seiner Gerechtigkeit und ruhen im Schutz seiner Gunst. Hier ist nicht der Platz für Anzüglichkeiten oder besonderen an einzelne [gerichteten] Tadel, denn der Schatten erzählt von dem, der den Schatten wirft. Gott - herrlich ist Sein Gedenken - nennt sich den Herrn der Welten, weil Er alle nährte und nährt; erhaben ist Seine Gunst, die den abhängigen Wesen vorausging, und Seine Gnade, die den Welten voranging."
¹ siehe Fußnote zu Abschnitt 119"Es ist deutlich genug, daß in der Vorstellung der Leute, ob richtig oder falsch, die Mitglieder dieser Gemeinde die Religion, für die sie bekannt sind, als wahr anerkannt und angenommen haben und daß sie um ihretwillen aufgaben, was sie besaßen, um nach dem zu suchen, was Gottes ist. Und dieser Verzicht auf dem Pfad der Liebe zum Barmherzigen [Gott] ist ein zuverlässiger Zeuge und ein beredtes Zeugnis für das, worauf sie Anspruch erheben. Hat man [je] gesehen, daß ein vernünftiger Mensch seinem Leben entsagt hätte ohne einen Beweis oder ein Zeugnis [der Wahrheit dessen, wofür er starb]? Und wenn man sagte: `Diese Leute sind verrückt`, so ist dies ebenfalls sehr unwahrscheinlich, denn [dies] ist nicht auf eine oder zwei Personen beschränkt, sondern umfaßt viele aus allen Gesellschaftsschichten, welche trunken vom Kawthar göttlicher Weisheit auf dem Pfade des Freundes mit Herz und Seele zur Stätte des Martyriums eilen. Wenn diese Menschen, die um Gottes willen alles aufgeben außer Ihm, die Leben und Wohlstand auf Seinem Pfad dahingeben, sich täuschten, mit welchem Beweis, mit welchen Zeichen könnte dann vor dem König die Wahrheit dessen belegt werden, wozu sie sich bekennen?"
ATN +124"Der verstorbene Hájí Siyyid Muhammad - Gott erhöhe seine Stufe und tauche ihn ein in das Meer Seiner barmherzigen Vergebung -, hat, obwohl er zu den gelehrtesten Doktoren seiner Zeit gehörte und der gottesfürchtigste, der nüchternste seiner Zeitgenossen war, und obgleich der Glanz seiner Tugend alle Geschöpfe seinen Lobpreis anstimmen und seine gottesfürchtige Selbstzucht anerkennen ließ, dennoch im Krieg gegen die Russen¹ große Werte aufgegeben und ist nach kurzem Kampf umgekehrt, obgleich er selbst den heiligen Krieg erklärt hatte und mit wehenden Fahnen aus seinem Heimatland aufgebrochen war, um den Glauben zu unterstützen. O daß solches doch die Hüllen zerrisse, daß sich zeigte, was [menschlichen] Augen verborgen ist!"
¹ im Kaukasus 1825/28"Doch was diese Gemeinde betrifft: Seit über zwanzig Jahren quält sie Tag und Nacht des Königs wilder Zorn, und der Sturmwind königlicher Wut fegte sie alle in [andere] Länder. Wieviele Kinder blieben vaterlos zurück! Wieviele Väter wurden kinderlos! Wieviele Mütter wagten aus Furcht und Grauen nicht, ihre hingeschlachteten Kinder zu betrauern! Viele Diener [Gottes] lebten am Abend noch in größtem Wohlstand und überfluß, und der Morgen sah sie in äußerster demütigender Armut! Kein Land, das nicht von ihrem Blut gefärbt, keine Luft, in der nicht ihr Stöhnen zu hören war. Und in diesen wenigen Jahren regneten ohne Unterlaß Leidenspfeile aus den Wolken des Schicksals hernieder. Doch ungeachtet all der leidvollen Heimsuchungen sind ihre Herzen derart vom göttlichen Liebesfeuer entflammt, daß sie, selbst wenn sie alle in Stücke gehauen würden, die Liebe zum Geliebten aller Erdenbewohner nicht leugnen, sondern sich mit ganzer Seele darnach sehnen und darauf hoffen, was [ihnen] auf Gottes Wege widerfährt."
ATN +126"O König! Die Barmherzigkeit des Barmherzigen hat mit ihrer Frische diese Diener verwandelt und in die Regionen [göttlichen] Einheit gezogen - `Der aufrichtig Liebende trägt sein Zeugnis in sich` -, aber einige Schriftgelehrte in Persien haben dem König des Zeitalters sein höchst erlauchtes Herz beunruhigt hinsichtlich derer, die im Heiligtum des Barmherzigen Einlaß fanden, derer die zur Kaaba der Weisheit streben. O daß doch der weltverbessernde Richtspruch des Königs entschiede, daß dieser Diener mit diesen Schriftgelehrten zusammenträfe und in Gegenwart der Majestät des Königs Argumente und Beweise erbrächte! Dieser Diener ist bereit und hofft auf Gott, daß eine solche Konferenz zustandekommt, damit die Wahrheit vor der Majestät dem König offenbar werde. Anschließend liegt die Entscheidung in deiner Hand. Ich bin bereit, vor den Thron deiner Souveränität zu treten; sprich dann das Urteil für oder wider Mich. Der barmherzige Herr sagt im Furqán¹, dem immerwährenden Prüfstein für die Heerscharen des Daseins: "Wünschet den Tod, wenn ihr wahrhaftig seid."² Er hat Sehnsucht nach dem Tod zum Beweis der Aufrichtigkeit erklärt; und es wird [dem König] im Spiegel seines lichtvollen Geistes sichtbar werden, wer es ist, der am heutigen Tag sein Leben auf dem Pfade Dessen hingibt, den die Erdenbewohner anbeten. Wären die zum Beweis ihrer Sache [verfaßten] Lehrbücher dieser Menschen mit dem Blut geschrieben, das auf Seinem Pfad - erhaben ist Er - vergossen wurde, kämen bestimmt unzählige Bücher heraus, die die Menschheit lesen könnte."
¹ eine andere Bezeichnung für den Quran ² Quran 2:95; 62:7
ATN +127"Wie kann man also diese Menschen ablehnen, deren Worte mit ihren Taten übereinstimmen, und jene anerkennen, die von der Achtung, [deren sie sich erfreuen,] niemals auch nur ein Atom auf dem Wege [Gottes] des Souveräns hingaben noch je geben werden?"
ATN +128"Einige Schriftgelehrte aus Persien, die diesen Diener denunzierten, haben Ihn niemals getroffen oder gesehen, sie wissen nicht [einmal] von [Seinen] Zielen. Dennoch reden sie, wie sie wollen, und tun, was sie wollen. Jede Aussage muß bewiesen werden, sie kann nicht als bloße Behauptung im Asketenkleid dastehen.
ATN +129An diese Stelle passen einige Abschnitte aus dem `Verborgenen Buch der Fátima` - auf ihr sei Gottes Segen -, die hier in persischer Übersetzung vorgetragen werden, damit einiges [noch] Unbekannte in der [königlichen] Gegenwart bekannt werde. In den folgenden Texten aus dem genannten Buch - heute als `Die Verborgenen Worte` bekannt - sind solche Menschen angesprochen, die nach außen hin für ihre Erkenntnis und Frömmigkeit bekannt, inwendig aber ihren Leidenschaften und Begierden unterworfen sind. Er sagt:"
ATN +130""O ihr Toren, die ihr für weise geltet! Warum verkleidet ihr euch als Hirten, da ihr doch innerlich zu Wölfen wurdet, die nach Meiner Herde trachten? Ihr gleicht dem Stern, der scheinbar hell und strahlend vor des Morgens Dämmern aufgeht und die Pilger zu Meiner Stadt in die Irre und auf den Pfad des Verderbens leitet."¹"
¹ VW pers.24; die von Abdu'l-Bahá zit. Anrede lautet: "O faithless ones!"
ATN +131"O ihr scheinbar Untadeligen, doch innerlich Verderbten! Ihr gleicht reinem, bitterem Wasser, das äußerlich kristallklar scheint, von dem aber bei der Probe durch den göttlichen Prüfer nicht ein Tropfen angenommen wird. Ja, der Sonnenstrahl fällt gleicherweise auf den Staub wie auf den Spiegel, doch in ihrem Widerschein unterscheiden sie sich wie der Stern von der Erde - nein, unermeßlich ist der Unterschied!"¹"
¹ VW pers.25"O Wesen der Leidenschaft! Wie oft kam Ich zur Dämmerstunde aus dem Reich des Raumlosen zu deiner Wohnung und fand dich auf dem Lager der Muße mit anderem beschäftigt als mit Mir. Da kehrte Ich dem Blitzstrahl des Geistes gleich zu den Reichen himmlischer Herrlichkeit zurück. Den Heerscharen der Heiligkeit an Meinem Ruhesitz droben verriet Ich nichts ... und wünschte nicht deine Schande."¹"
¹ VW pers.28,27; die von Abdu'l-Bahá zit. Anrede lautet: "O child of the world!"
ATN +133"O Sklave dieser Welt! Zu mancher Morgenstunde wehte der Hauch Meiner Güte über dich hin und fand dich tief schlafend auf dem Lager der Achtlosigkeit. Weinend über deine Lage kehrte er zurück, woher er gekommen."¹
Soweit dies."¹ VW pers.30; die von Abdu'l-Bahá zitierte Anrede lautet: "O pretender to My friendship!"
ATN +134"Wo des Königs Gerechtigkeit waltet, darf also die Behauptung eines Widersachers nicht als hinreichend hingenommen werden. Und im Furqán, der Wahr von Falsch scheidet, sagt Er: "O ihr Gläubigen, wenn ein Sünder euch eine Kunde bringt, prüft (sie) genau, damit ihr nicht unwissentlich anderen ein Unrecht zufügt und hernach bereuen müßt, was ihr getan."¹ Und als heilige Tradition ist herabgekommen: "Traut nicht dem Verleumder." Die Sache wurde von manchen Schriftgelehrten falsch aufgefaßt, auch haben sie diesen Diener nicht einmal gesehen. Aber die [Ihm] begegneten, bezeugen, daß dieser Diener nur sprach, was Gott im Buche verordnete, und sprechen den gesegneten Vers: "Er - erhaben ist Er - spricht: Tadelt ihr Uns nur deswegen, weil Wir glauben an Gott und an das, was zu Uns herabgesandt ward und was schon vorher herabgesandt wurde?"²"
¹ Quran 49:7 ² Quran 5:60
ATN +135"O König des Zeitalters! Die Augen dieser Wanderer schauen aus nach der Barmherzigkeit des Barmherzigen, und gewiß werden auf diese Leiden die größte Barmherzigkeit und auf diese schMirzaichste Not große Erleichterung folgen. Aber [Wir] hoffen, daß die königliche Majestät selbst [diesen] Dingen seine Aufmerksamkeit zuwendet, was [Unseren] Herzen Grund zu Hoffnung geben wird. Und das hier Gesagte, ist unverfälscht gut, und Gott genügt als Zeuge."
ATN +136"Ruhm sei Dir o Gott! O Gott, Ich bezeuge, daß des Königs Herz in den Händen Deiner Macht ruht: So es Dir gefällt, o Gott, richte es auf Barmherzigkeit und Güte; wahrlich, Du bist der Erhabene, der Starke, der Wohltätige; es ist kein Gott außer Dir, dem Mächtigen, bei dem alles Hilfe sucht."
ATN +137"Bezüglich der Fähigkeiten der Schriftgelehrten sagt Er: `Wer aber von den Schriftgelehrten sich selbst in acht nimmt, seiner Religion folgt, seine Begierden zügelt und dem Befehl seines Herrn gehorcht - dem müssen die Menschen folgen ...` bis zum Ende. Und wenn der König des Zeitalters auf die Worte achtet, die die Zunge Dessen spricht, den göttlicher Geisteshauch begabt, wird er erkennen, daß Menschen, die von den in der erwähnten Tradition genannten Eigenschaften geprägt sind, seltener vorkommen als der Stein der Weisen. Darum werden Behauptungen von Leuten, die Wissenschaftlichkeit vortäuschen, immer verhallen."
ATN +138"So beschreibt Er auch die Schriftgelehrten der jüngsten Zeit und sagt: `Die Schriftgelehrten dieser Zeit sind die übelsten unter dem Himmelszelt; von ihnen geht Unheil aus und auf sie fällt es zurück.`"
ATN +139"Und wenn jemand diese Traditionen in Abrede stellt, müßte dieser Diener sie beweisen; aber da [Uns] an Kürze gelegen ist, legen Wir die Quellen nicht im einzelnen vor."
ATN +140"Die Doktoren, die wirklich vom Kelch der Entsagung tranken, haben diesen Diener niemals belästigt; selbst der verstorbene Shaykh Murtadá - möge Gott seine Stufe erhöhen und ihn im Domschatten Seiner Gnade wohnen lassen - zeigte [Uns] in den Tagen [Unseres] Aufenthaltes im Iráq seine Zuneigung und pflegte über diese Sache nur zu reden, wie Gott es erlaubt. Wir bitten Gott, allen [Menschen] zu dem zu verhelfen, was Er liebt und billigt."
ATN +141"Jetzt verschließen alle Leute die Augen vor dieser Sache und sind darauf aus, diese Gemeinde zu verfolgen; wenn man bestimmte Personen, die durch Gottes Gnade im Schatten der Milde des Königs ruhen und sich grenzenloser Segnungen erfreuen, fragte: `Welchen Dienst habt ihr als Gegenleistung für die Gunst des Königs erbracht? Habt ihr durch weise Politik [seinem] Reich ein Land hinzugewonnen? Oder habt ihr euch mit dem befaßt, was der Wohlfahrt der Menschen, dem Wohlstand des Reiches und dem fortwährenden makellosen Ruf des Staates diente?`, so hätten sie keine Antwort als daß sie, zu Recht oder Unrecht, eine Anzahl Personen in der Gegenwart des Königs als Bábí denunzierten und sich unverzüglich ans Morden und Plündern machten; in Tabríz und andernorts verkauften sie sogar Menschen und erwarben großen Reichtum, worüber in der Gegenwart des Königs nie gesprochen wurde. All dies konnte geschehen, weil sie diese armen Leute ohne Fürsprecher fanden. Sie ließen selbst Wichtiges liegen und stehen und fielen über diese armen Unglücklichen her."
ATN +142"Unter dem Schutz des Königs leben viele Gemeinschaften und Völker friedlich beisammen; zu einer dieser Gruppen gehören diese Leute. Wäre es nicht am besten, wenn man das hohe Streben und die Großmut derjenigen, die dem König zur Hand gehen, daran erkennen könnte, daß sie im Sinn hätten, alle Gruppen unter dem Schutz des Königs zu sehen, und über alle mit Gerechtigkeit zu regieren? Die Gebote Gottes durchzusetzen ist pure Gerechtigkeit, und alle sind damit einverstanden, ja, Gottes Gebote waren [immer] Werkzeug und Mittel zum Schutz [Seiner] Geschöpfe und werden es bleiben, so spricht Er - erhaben ist Er - : "Es liegt Leben für euch in der Vergeltung, o ihr Verständigen."¹ [Aber] der Gerechtigkeit der Majestät des Königs liegt es fern, daß wegen des Fehltritts eines Menschen deren viele zum Ziel der Zornesgeißel werden sollten. Gott - herrlich ist Sein Gedenken - sagt: "Keiner trage des anderen Last."² Und es ist klar genug, daß es in jeder Gemeinschaft Gelehrte und Unwissende, Weise und Narren, Sünder und Fromme gibt und geben wird. Und abscheuliche Taten zu begehen, liegt dem Weisen fern. Denn der Weise sucht entweder die Welt oder entsagt ihr. Wenn er ihr entsagt, wird er nur auf Gott achten, und abgesehen davon wird ihn die Gottesfurcht davon abhalten, sich Verbotenes zuschulden kommen zu lassen. Und wenn er die Welt sucht, wird er gewiß nichts tun, was ihm Abscheu seitens der Diener [Gottes] eintragen und Entsetzen in allen Landen erregen würde; er wird vielmehr so handeln, daß er Zuneigung in den Menschen weckt. So kann man sehen, daß stets [nur] Unwissende verabscheuungswürdige Taten [begehen]. Wir bitten Gott, daß Er Seine Diener davor bewahre, auf anderes als Ihn zu schauen, daß Er sie näher zu Ihm führe. Wahrlich, Er ist mächtig über alles."
¹ Quran 2:180 ² Quran 6:165, 17:16, 35:19, 39:8, 53:39
ATN +143"Ruhm sei Dir o Gott! O Mein Gott, Du hörst Mein Stöhnen und siehst Meinen Zustand, Meinen Kummer und Mein Leid, Du weißt, was in Meiner Seele ist. Wenn Mein Ruf um Deinetwillen aufrichtig ist, so ziehe er die Herzen Deiner Geschöpfe zum Himmelskreis Deiner Erkenntnis und kehre den König zur rechten Seite des Thrones Deines Namens, der Barmherzige, und dann gewähre ihm, o Mein Gott, den Segen, der vom Himmel Deiner Gunst und aus den Wolken Deiner Barmherzigkeit herabkommt, damit er sich von seiner Habe löse und zum Reich Deiner Gaben wende. O Herr hilf ihm, die Unterdrückten unter [Deinen] Dienern zu unterstützen, und bringe Dein Wort unter Deinem Volke zur Geltung; dann stehe ihm bei mit den Heerscharen des Sichtbaren und des Unsichtbaren, damit er Städte in Deinem Namen unterwerfe und durch Deine Macht und Autorität über alle regiere, die auf Erden sind, o Du, in dessen Hand das Reich der Schöpfung ist! Und wahrlich, Du bist Er, der am Anfang und am Ende herrscht. Es ist kein Gott außer Dir, dem Starken, dem Mächtigen, dem Weisen."
ATN +144"Sie haben die Sache in der Gegenwart des Königs derart falsch dargestellt, daß es der Religion dieser Gemeinde zugeschrieben wird, wenn einer von ihnen etwas Übles tut. Aber bei Gott, neben dem kein anderer Gott ist, dieser Diener hat das Sündigen nicht gebilligt, geschweige denn das, wofür im Buche Gottes ausdrücklich ein Verbot offenbart wurde! Gott hat den Menschen verboten, Wein zu trinken, und daß es nicht erlaubt ist, wurde im Buche Gottes offenbart und aufgezeichnet¹, und die Doktoren des Zeitalters - möge Gott ihre Zahl vervielfachen - verbieten den Menschen einmütig solch scheußliches Tun, und doch tun es einige. Nun fällt die Strafe für diese Tat auf diese Achtlosen, indessen jene Verkörperungen ruhmvoller Unschuld heilig und unbefleckt [bleiben]; alle Wesen, sichtbar oder unsichtbar bezeugen ihre Unschuld."
¹ Quran 5:92"Ja, diese Diener [Gottes] achten Gott als den, "Der tut, was Ihm gefällt, und verordnet, was Er will"¹. Es gibt keine Ausflucht außer zu Gott, keine Freistatt außer in Ihm. Und auf die Nörgelei der Menschen, ob gelehrt oder ungelehrt, war zu keiner Zeit etwas zu geben und wird es nie sein. Die Menschen haben schon immer die [wahren] Propheten, diese Perlen des Meeres der Einheit und Empfänger göttlicher Offenbarung, abgelehnt und bekrittelt, um wievielmehr diese Diener. So wie Er sagt: "Jedes Volk sann darauf seinen Gesandten zu ergreifen, und sie stritten mit Falschheit, auf daß sie die Wahrheit damit widerlegen möchten."² Und ebenso sagt Er: "Und nie kam ein Gesandter zu ihnen, den sie nicht verhöhnten."³ Denke an das Auftreten des Siegels der Propheten, des Königs der Erwählten - möge die Seele der Welten Sein Opfer sein. Welches Unrecht befiel diese Manifestation der Macht des Herrn der Herrlichkeit aus den Händen des irrenden Volkes, als die Sonne der Wahrheit am Horizont des Hijáz aufging! So achtlos waren die Menschen, daß sie es gewöhnlich als eines der größten guten Werke und als Mittel, dem allerhöchsten Gott näherzukommen, ansahen, wenn sie diesen Heiligen quälten. Denn in den ersten Jahren wandten sich die Doktoren jener Zeit, ob Juden oder Christen, von dieser Sonne des höchsten Horizontes ab, und weil solche Menschen sich abwandten, gürteten alle, ob edel oder gemein, ihre Lenden, um das Licht dieser Leuchte am Horizont der Vollkommenheiten auszulöschen. Alle ihre Namen sind in Büchern verzeichnet, darunter Wahb ibn Ráhib, Ka'b ibn Ashra, Abdu'lláh ibn Ubayy und andere, bis sich die Sache schließlich so zuspitzte, daß sie ein Treffen veranstalteten, um zu beraten, wie sie das reinste Blut dieses Heiligen vergössen, wie Gott - herrlich ist Sein Gedenken - spricht: "Und da die Ungläubigen Ränke schmiedeten wider dich, daß sie dich gefangennähmen oder dich ermordeten oder dich vertrieben. Sie planten, auch Gott plante, und Gott ist der beste der Planer".[4] Und ebenso sagt Er: "Und wenn dir ihr Widerwille schMirzaich ist, dann suche doch, wenn Du kannst, ein Loch in der Erde oder eine Leiter in den Himmel, daß du ihnen ein Zeichen bringest. Wäre es aber Gottes Wille, Er führte sie gewiß alle auf den rechten Weg. So sei nicht der Unwissenden einer".[5] Bei Gott, der Sinn dieser beiden gesegneten Verse ist den [Gott] Nahen in die Herzen gebrannt; aber dergleichen Dinge, die auch [Uns] übermittelt wurden, sind den Blicken entzogen, und die Menschen denken nicht darüber nach, weshalb sich [Gottes] Diener abwenden, wenn die Morgenröten des Lichtes Gottes auftreten."
¹ Quran 2:254, 3:35, 22:14, 19 ² Quran 40:6 ³ Quran 15:12, 36:31
[4] Quran 8:31 [5] Quran 6:36
ATN +146"Denke auch an Jesus, den Sohn Marias, vor dem Siegel der Propheten. Als diese Manifestation des Barmherzigen auftrat, verklagten alle Schriftgelehrten diesen Wesenskern des Glaubens als irrgläubigen Ketzer; und am Ende taten sie, mit Billigung des Annas, des obersten Schriftgelehrten jener Zeit, und des Kaiphas¹, des gelehrtesten Richters, diesem heiligen Wesen an, wessen die Feder sich schämt und was sie nicht wiederzugeben vermag. Die weite Erde war zu eng für Ihn, so nahm Ihn Gott auf in den Himmel. Doch wenn im einzelnen über die Propheten berichtet würde, steht zu fürchten, daß es ermüden könnte."
¹ vgl. Johannes 11:49-50, 18:13-28; Apostelgeschichte 4:6-10
ATN +147"O König, wolltest du Mir doch gestatten, deiner Majestät zu senden, was die Augen ergötzt, die Seelen beruhigt und jeden Gerechten überzeugt, daß bei Ihm [Bahá'u'lláh] die Erkenntnis des Buches ist. Wäre die Zurückweisung durch die Narren und die vorsätzliche Blindheit der Geistlichen nicht gewesen, so hätte Ich dargelegt, was die Herzen freudestrahlend in ein Reich entführt hätte, wo im Rauschen der Winde zu hören ist: "Kein Gott ist außer Ihm."¹ Doch nun, da die Zeit es nicht zuläßt, sind der Zunge die Worte verwehrt, ist das Gefäß der Auslegung versiegelt, bis Gott es durch Seine Macht öffnen wird: Wahrlich, Er ist der Starke, der Machtvolle."
¹ vgl. Die Verkündigung Bahá'u'lláhs, S.71"Ruhm sei Dir, o Gott! O Mein Gott, Ich bitte Dich bei Deinem Namen, durch den Du alles in den Himmeln und auf Erden unterwirfst, bewahre das Licht Deiner Religion im Glas Deiner Macht und Deiner Gunst, damit die Winde der Leugnung aus dem Lande derer, die achtlos gegenüber den Mysterien Deines souveränen Namens sind, es nicht streifen. Dann nähre ihr Licht mit dem Öl Deiner Weisheit. Wahrlich, Du bist mächtig über alles auf Deiner Erde und in Deinem Himmel.
ATN +149"O Herr, Ich bitte Dich bei Deinem höchsten Wort, durch das alle im Himmel und auf Erden sich fürchten bis auf den, der Deinen "Sicheren Griff"¹ ergreift, gib Mich nicht Deinen Geschöpfen preis. Hebe Mich auf zu Dir und lasse Mich in den Schatten Deiner Barmherzigkeit treten; gib Mir zu trinken vom reinen Wein Deiner Gnade, auf daß Ich unter dem Baldachin Deiner Herrlichkeit im Dome Deiner Gunst verweile, und wahrlich, Du bist mächtig zu dem, was Du willst, und wahrlich, Du bist der Beschützende, der Selbstgenügende."
Quran 2:257, 31:23"O König, die Lampen der Gerechtigkeit sind erloschen, das Feuer der Verfolgung ist auf allen Seiten entzündet und hat Mein Volk zu Gefangenen gemacht. Es ist dies nicht die erste Ehre, die auf dem Pfade Gottes geschändet ward. Jedermann sollte daran denken und sich ins Gedächtnis rufen, was über die Angehörigen des Propheten kam, als die Menschen sie zu Gefangenen machten und in die weite Stadt Damaskus brachten, darunter die Zier der Anbetenden¹, Stütze der Auserwählten, Heiligtum der Eifrigen - mögen die Seelen aller außer ihm sein Opfer sein. Man fragte sie: `Seid ihr Abtrünnige?` Er sagte: `Nein, bei Gott, wir sind Diener und glauben an Gott und Seine Zeichen, durch uns sind des Glaubens Zähne zum Lächeln entblößt, und das Zeichen des Barmherzigen strahlt hervor; durch unser Gedenken wird Al-Bathá² verbreitet und die Dunkelheit zwischen Himmel und Erde zerstreut.` Man fragte: `Verbietet ihr, was Gott gutheißt, oder heißt gut, was Gott verbietet?` Er sagte: `Wir sind die ersten, die Gottes Geboten folgen. Wir sind die Quelle des Befehls und sein Ursprung und die ersten Früchte alles Guten und seine Vollendung. Wir sind das Zeichen des Ewigen und Sein Gedenken unter den Völkern.` Man fragte: `Lehnt ihr den Quran ab ?` Er sagte: `Der Barmherzige hat ihn durch uns offenbart, und wir sind Stürme des Allherrlichen inmitten [Seiner] Geschöpfe, wir sind die aus dem mächtigsten Meere hervorgegangenen Ströme, mit denen Gott die tote Erde wiederbelebt; durch uns verbreiten sich Seine Zeichen, werden Seine Zeugnisse kund und Seine Beweise offenbar und bei uns sind Seine Mysterien und Seine Geheimnisse.` Man fragte: `Für welchen Fehler wurdet ihr [dann] heimgesucht?` Er sagte: `Um der Liebe Gottes willen und unserer Trennung von allem außer Ihm.`"
¹ Zier der Anbetenden = Zaynu'l-Abidín, der vierte Imám, siehe Glossar ² Mekka
ATN +151"Wir haben fürwahr nicht seine Worte - Friede sei auf ihm - wiederholt, sondern einen Tropfen vom Meer des Lebens, das in seinen Worten lag, offenbart, damit, wer herbeikommt, lebt und erkennt, was den Vertrauten Gottes von seiten eines üblen, ruchlosen Volkes widerfährt. Heute sehen wir das Volk diejenigen tadeln, die ehedem Unrecht taten, indessen sie selbst heftiger unterdrücken, als jene unterdrückten, und sie wissen es nicht. Bei Gott, Ich wünsche keinen Aufruhr, sondern die Läuterung der Diener Gottes von allem, was sie davon abhält, Gott nahe zu kommen, dem König am Tage der Anrufung."
ATN +152"Ich schlief auf meinem Lager - siehe, da wehten die Winde Meines Herrn, des Barmherzigen, über Mich hin und erweckten Mich aus dem Schlafe.¹ Das bezeugen die Bewohner [des Reiches] Seiner Macht und Seines Königreichs und die Bürger der Städte Seiner Herrlichkeit und Er selbst, der Wahre. Ich bin nicht ungeduldig im Unglück auf Seinem Pfade noch in Heimsuchungen ob Seiner Liebe und Seines Wohlgefallens. Gott machte Leid zum Morgentau für diese grüne Au und zum Zündholz für Seine Lampe, die Himmel und Erde erleuchtet."
¹ vgl. Brief an den Sohn des Wolfes 66, Die Verkündigung Bahá'u'lláhs S. 69
ATN +153"Was einer an Reichtum hat - wird er ihn behalten oder wird er ihm morgen etwas nützen vor Dem, der ihn bei der Stirnlocke packt? Wenn man auf die blickt, die unter Steinplatten ruhen und dem Staub Gesellschaft leisten - kann man des Königs Schädelknochen vom Knöchel des Sklaven unterscheiden? Nein, beim König der Könige! Kann man Regenten von Hirten unterscheiden? Oder den Wohlhabenden, Reichen von dem, der keine Schuhe und keine Decke besaß? Bei Gott, Ränge sind aufgehoben, nur für den nicht, der Rechtschaffenheit übte und gerecht urteilte. Wo sind die Schriftgelehrten, die Wissenschaftler, die Edelleute? Wo ist ihr scharfer Blick, ihre durchdringende Schau, ihre feinen Gedanken, ihr gesunder Verstand? Wo sind ihre verborgenen Schätze, ihr offenbarer Prunk, ihre Juwelenthrone, ihre stattlichen Ruhebetten? Ach! Alles liegt wüst, und Gottes Ratschluß hat sie zerschmettert zu Staub. Leer ist, was sie mit Schätzen gefüllt, zerstreut, was sie gesammelt, verschwunden, was sie verhehlt. Jetzt siehst du von ihnen nichts mehr als ihre leeren Häuser, klaffende Dächer in die Luft ragende Balken, ihr neues Zeug alt geworden. Wahrlich, den Urteilsfähigen wird Wohlstand nicht davon ablenken, das Ende zu sehen, und den Klugen hält Reichtum nicht davon ab, sich [Gott] zuzuwenden, dem Reichen, dem Erhabenen. Wo ist er, der Herrschaft übte über alles, worauf die Sonne schien, der verschwenderisch ausgab und nach wunderlichen Dingen in der Welt und was darin erschaffen ist, suchte? Wo ist der Herr der schwarzen Garde und der gelben Fahne? Wo ist er, der Zawrá¹ regierte, und wo er, der Unrecht beging in der weiten Stadt?² Wo sind sie, vor deren Großmut die Schätze sich fürchteten, vor deren großzügiger Freigebigkeit das Weltmeer erschrak? Wo ist er, der rebellisch den Arm ausstreckte, dessen Herz sich vom Barmherzigen abgewandt hatte? Wo ist er, der die Genüsse auszuwählen pflegte und die Früchte der Lust pflückte? Wo sind die Herrinnen der Brautgemächer, die Schönen? Wo sind ihre wehenden Zweige und ihre ausgebreiteten Äste, ihre stolzen Paläste und ihre vergitterten Gärten? Wo sind deren weiträumige Eleganz, die sanften Brisen, die plätschernden Wasser, der säuselnde Wind, das Gurren der Tauben, das Rascheln der Bäume? Wo ihre lachenden Herzen und ihre lächelnden Zähne? Weh ihnen! Sie sind in den Abgrund gefahren und leisten den Steinen Gesellschaft; nichts hört man heute mehr von ihnen, keinen Laut, weiß nichts von ihnen, nichts ist geblieben. Wollen die Menschen abstreiten, was sie doch sehen? Wollen sie leugnen, wenn sie doch wissen? Ich weiß nicht, in welchem Tal sie irregehen; sehen sie nicht, daß sie dahingehen ohne Wiederkehr? Wie lange werden sie berühmt sein landauf und landab, aufsteigen und absteigen? `Ist es nicht an der Zeit für die Gläubigen, daß ihre Herzen sich demütigen vor dem Gedenken Gottes?`³ Gut steht es um den, der sagt: `Ja, o Herr, jetzt ist es Zeit`, und sich von allein löst, was ist. Ach! Nichts kann man ernten, was man nicht gesät, und nichts abheben, was man nicht gespart, es sei denn mit Gottes Gnade und Gunst. Hat die Erde Den begriffen, den die Schleier der Herrlichkeit nicht davon abhalten, in das Königreich Seines Herrn, des Mächtigen, des Höchsten, aufzusteigen? Haben Wir gute Werke aufzuweisen, durch welche Mängel aufgewogen würden und die Uns dem Herrn der Ursachen nahe brächten? Wir bitten Gott, mit Uns nach Seiner Gnade zu verfahren, nicht nach Seiner Gerechtigkeit, und Uns zu einem derer zu machen, die sich Ihm zuwenden und sich von allem außer Ihm lösen."
¹ Baghdád, Regierungssitz der Abbásiden ³ Quran 57:17
² Damaskus. Anspielung auf Mu'áwiya, Yezíd und die Omayyaden, die dort residierten
ATN +154"O König, Ich habe auf dem Pfade Gottes geschaut, was noch kein Auge gesehen und kein Ohr gehört. Freunde verleugnen Mich, die Wege zu Mir sind versperrt, der Teich der Sicherheit ist vertrocknet, die Aue der Sorglosigkeit ist fahl [versengt]. Wie zahlreich sind die Trübsale, welche auf Mich herabströmten und bald noch herabströmen werden! Ich schreite voran, den Blick auf Ihn gerichtet, den Allmächtigen, den Allgütigen, während hinter Mir die Schlange gleitet. Meine Augen vergießen Tränen, bis Mein Bett durchtränkt ist. Aber Ich gräme Mich nicht um Mich. Bei Gott, Mein Haupt sehnt sich nach den Speeren aus Liebe zu seinem Herrn. Nie ging Ich an einem Baum vorüber ohne daß Mein Herz ihn anredete und sprach: `O würdest du doch in Meinem Namen gefällt und Mein Leib an dir auf dem Pfade Meines Herrn gekreuzigt.`¹ Ja, Ich sehe die Menschen in ihrer Trunkenheit irregehen, und sie wissen es nicht: Sie haben ihre Begierden auf den Thron gesetzt und ihren Gott beiseite getan, als ob ihnen das Gebot Gottes nur Spaß, Spiel und Zeitvertreib sei, und sie wähnen, recht zu handeln und geborgen zu sein in sicherer Festung. Aber es ist nicht so, wie sie meinen: Morgen werden sie sehen, was sie [jetzt] leugnen."
¹ Die Verkündigung Bahá'u'lláhs S.71"Wir sind im Begriff von diesem weit entlegenen Verbannungsort¹ nach Akká ins Gefängnis zu ziehen. Und wie man sagt, ist das gewiß die trostloseste Stadt der Welt, die unansehnlichste, mit dem scheußlichsten Klima und dem faulsten Wasser; sie ist wie die Stadt der Eulen, man hört in ihrer Umgebung nichts als deren Schrei. Dort haben sie vor, diesen Diener einzukerkern, vor Unserem Antlitz die Tore der Milde zuzuschlagen und Uns die guten Dinge der Welt für die restlichen Tage des Lebens zu verwehren. Bei Gott, auch wenn Schwäche Mich wecken und Hunger Mich töten sollte, wenn harter Fels Mein Lager und wilde Tiere Meine Gefährten wären, Ich werde nicht verzagen, sondern geduldig sein, so wie die fest Entschlossenen geduldig sind in der Kraft Gottes, des Königs des Vorseins, des Schöpfers der Völker, und danke Gott in allen Lebenslagen. Und von Seiner Güte - erhaben ist Er - erhoffen Wir, daß Er Unseren Nacken von den Ketten und Fesseln der Gefangenschaft befreie und [alle Menschen] aufrichtig ihr Gesicht Ihm zuwenden lasse, dem Mächtigen, dem Freigebigen. Wahrlich, Er antwortet dem, der zu Ihm betet, und ist dem nahe, der Ihn anruft. Und Wir bitten Ihn, dieses finstere Unheil zum Schild für alle Seine Heiligen zu machen, der sie vor scharfem Schwert und bohrender Klinge schützt. Im Leid leuchtet Sein Licht und glänzt unaufhörlich Sein Lob. Dies ist Seine Art in Zeit und Ewigkeit."
¹ Adrianopel"Die Menschen werden wissen, was sie heute, da ihre Rosse straucheln, ihre Betten aufgerollt, ihre Schwerter stumpf werden und ihre Schritte ausgleiten, nicht begreifen. Ich weiß nicht, wie lange sie noch das Roß der Begierde reiten und sündig in der Wüste der Achtlosigkeit und des Irrtums wandeln wollen. Wird von Herrlichkeit irgendeine Herrlichkeit dauern? Oder von Erniedrigung irgendeine Erniedrigung? Oder wird bleiben, wer sich auf hohe Kissen bettete und sich mit äußerster Pracht umgab? Nein, bei Meinem Herrn, dem Barmherzigen! `Alles, was ist, ist vergänglich, und es bleibt [nur] das Antlitz Meines Herrn`, des Machtvollen, des Wohltätigen. Welcher Schild wurde nicht vom Pfeil der Zerstörung getroffen und welche Schwinge nicht von der Hand des Schicksals gerupft? Welche Festung konnte den Todesboten abwehren, als er kam? Welcher Thron zerbarst nicht und welcher Palast blieb nicht verwüstet zurück? Wenn die Menschen nur wüßten, welch reinen Wein der Barmherzigkeit ihres Herrn, des Mächtigen, des Allwissenden das Siegel verschloß, sie hätten gewiß ihren Tadel verworfen und danach getrachtet, diesem Diener Folge zu leisten. Aber jetzt hüllen sie Mich in ihren finsteren, aus Zweifeln und Wahn gewirkten Schleier. Doch die Weiße Hand¹ wird diese düstere Nacht aufreißen. An jenem Tag werden die Diener [Gottes] sagen, was ehedem die krittelnden Weiber sagten,² daß am Ende herauskomme, was am Anfang beginnt. Wollen sie zögern, wenn ihr Fuß schon im Steigbügel steht? Oder sehen sie eine Wiederkehr, wenn sie gehen? Nein, beim Herrn der Herren, nur bei der Auferstehung! An jenem Tag werden die Menschen aus ihren Gräbern steigen und nach ihren Reichtümern befragt werden! Glücklich, wen keine Last drückt an jenem Tag, an dem die Berge vergehen und alle zum Verhör geladen sind in die Gegenwart Gottes, des Erhabenen! Wahrlich, Er ist streng im Strafen."
¹ Symbol für die Gottesoffenharung, siehe Glossar² Anspielung auf die Geschichte von Josef: Die Frauen klatschten darüber, daß Potiphars Weib Josef zu verführen versucht hatte; doch als sie Josef sahen, sagten sie: `Das ist kein Mensch, das ist nur ein edler Engel`; vgl. Quran 12, besonders Vers 31
ATN +157"Wir bitten Gott, daß Er die Herzen bestimmter Schriftgelehrter von Groll und Haß heilige, damit sie mit Augen schauen, die nicht verschlossen sind, daß Er sie auf eine Stufe erhebe, auf der die Welt und die Herrschaft darüber sie nicht davon abhalten, auf den höchsten Horizont zu blicken, wo [Sorgen um] den Lebensunterhalt und Haus[rat] sie nicht vom [Gedenken an den] Tag, da die Berge zerfallen, ablenke. Obgleich sie frohlocken über das, was Uns an Unheil zustößt, wird doch der Tag kommen, da sie wehklagen und weinen. Bei Meinem Herrn, hätte Ich die Wahl zwischen dem Ruhm und Reichtum, der Pracht und Würde, dem behaglichen Luxus, in dem sie leben, und dem Elend, der Not, die Mich umgibt, wählte Ich gewiß das, worin Ich Mich heute befinde, und Ich tauschte jetzt nicht ein einziges Atom dieser Heimsuchungen gegen alles, was im Reiche des Werdens erschaffen wurde! Wäre es nicht um dieser Heimsuchungen auf dem Pfade Gottes willen, hätte Mein Dasein keine Süße für Mich, noch nützte Mir Mein Leben. Den Einsichtigen und denen, die den höchsten Ausblick suchen, mag nicht verborgen bleiben, daß Ich den größeren Teil Meiner Tage ein Diener war, der unter einem Schwerte sitzt, das an einem Haar hängt, und nicht weiß, wann es auf Ihn herabfällt, ob gleich oder später. Und in alledem danken Wir Gott, dem Herrn der Welten, und Wir preisen Ihn in allen Lebenslagen. Wahrlich, Er ist Zeuge aller Dinge."
ATN +158"Wir bitten Gott, Er möge Seinen Schatten¹ weiten, auf daß das Volk der Einheit herzueile und die Aufrichtigen in ihm Zuflucht finden und er [diesen] Dienern Blumen aus dem Garten seiner Gnade und Sterne vom Horizont seiner Gunst gewähre; daß Er ihm beistehe in dem, was er liebt und gutheißt; möge Er ihm zu dem verhelfen, was ihn dem Tagesanbruch Seiner anmutigsten Namen näher bringt, damit er seine Augen nicht vor dem Unrecht verschließe, das er sieht, sondern seine Untertanen mit dem Auge des Wohlwollens ansehe und sie vor Gewalt schütze. Und Wir bitten Ihn - erhaben ist Er -, daß Er dich zu einem Helfer² für Seine Religion mache, zum Hüter Seiner Gerechtigkeit, damit du über [Seine] Diener so regierest, wie du über deine Verwandtschaft regierst, und für sie wählest, was du auch für dich wählst. Wahrlich, Er ist der Mächtige, der Erhabene, der Beschützer der Selbstbestehende."
¹ d.h. den Sháh von Persien² möglicherweise eine Anspielung auf den Namen des Sháhs: Násiri'd-Din heißt wörtlich `Helfer der Religion`
KlärungHier ist nun die passende Gelegenheit und es erscheint angebracht, kurz einige Gebote Bahá'u'lláhs zu nennen, die in kurzen Abhandlungen und Sendbriefen angeführt sind, damit die Hauptlehren, ihre Grundlagen und ihre Verwirklichung klar und deutlich werden. Die folgenden Texte wurden aus vielen kurzen Abhandlungen abgeschrieben.
ATN +160[Da steht] unter anderem: "Verkehret mit den Anhängern aller Religionen in geistiger Atmosphäre.¹ ... Hütet euch, daß die eifernde Unwissenheit unter den Menschen nicht Besitz von euch ergreife. Alle kommen von Gott und zu Ihm kehren sie zurück: Wahrlich, Er ist der Quell der Schöpfung und der Welten Ziel."
¹ vgl. Ährenlese 43:6; Botschaften aus Akká 7:13; Kitáb-i-Aqdas 75
ATN +161Und da steht: "In Meinen Büchern, Abhandlungen, Schriftrollen und Sendbriefen haben Wir euch Streit und Zwist verboten, und dabei wünschten Wir nur eure Erhöhung und euren Fortschritt. Dies bezeugen die Himmel und ihre Sterne, die Sonne und ihr Glanz, die Bäume und ihre Blätter, die Meere und ihre Wogen, die Erde und ihre Schätze. Wir bitten Gott, Seinen Geliebten beizustehen und sie in dem zu stärken, was auf dieser glückseligen, dieser mächtigen, wunderbaren Stufe ihrer würdig ist. Desgleichen flehen Wir zu Ihm, Er möge alle in Meiner Umgebung befähigen zu tun, was ihnen Meine Feder der Herrlichkeit geboten hat."¹
¹ Botschaften aus Akká 8:40Und da steht: "Die herrlichste Frucht vom Baum der Erkenntnis ist dieses erhabene Wort: Ihr seid alle die Früchte eines Baumes und die Blätter eines Zweiges. Es rühme sich keiner daß er sein Land liebt, weit eher, daß er das Menschengeschlecht liebt."¹
¹ vgl. Botschaften aus Akká 8:58Und da steht: "So jemand seinen Sohn oder den Sohn eines anderen aufzieht, ist es, als erziehe er einen Meiner Söhne. Mit ihm seien Gottes Herrlichkeit, Seine Gnade, Seine Barmherzigkeit, die die Welt umfassen."¹
¹ vgl. Botschaften aus Akká 8:59Und da steht: "O Volk Bahás! Ihr seid die Dämmerorte der Liebe Gottes, die Morgenröten Seiner Gnade. Besudelt eure Zungen nicht mit Flüchen und Schmähreden auf irgendeine Seele und hütet eure Augen vor Unschicklichem. Tut dar, was ihr besitzet. Wird es günstig aufgenommen, ist euer Zweck erreicht; wo nicht, ist Widerspruch fruchtlos. Überlaßt diese Seele sich selbst und kehrt euch zum Herrn, dem Beschützer, dem Selbstbestehenden. Verursacht keinen Kummer, geschweige denn Zwietracht und Streit. Es ist zu hoffen, daß ihr im Schatten des Baumes Seines sanften Erbarmens wahre Erziehung erlangt und nach Gottes Wunsch handelt. Ihr seid alle die Blätter eines Baumes und die Tropfen eines Meeres."¹
¹ Botschaften aus Akká 3:26, 8:62Und da steht: "Das Ziel der Religion, wie sie vom Himmel des heiligen Willens Gottes offenbart ist, besteht darin, Einheit und Eintracht unter den Völkern der Welt zu stiften; macht sie nicht zur Ursache für Zwist und Streit. Die Religion Gottes und Sein göttliches Gesetz sind die machtvollsten Werkzeuge und die sichersten Mittel dafür, daß das Licht der Einheit zwischen den Menschen anbricht. Der Fortschritt der Welt, die Entwicklung der Nationen, die Ruhe der Völker und der Frieden aller Erdenbewohner gehören zu den Grundsätzen und Geboten Gottes. Die Religion schenkt dem Menschen die wertvollste aller Gaben, reicht ihm den Kelch des Wohlstands, verleiht ihm ewiges Leben und läßt unzerstörbare Wohltaten auf die Menschheit herniedergehen. Es geziemt den Oberhäuptern und Herrschern der Welt, besonders den Treuhändern von Gottes Haus der Gerechtigkeit, sich bis an die Grenzen ihrer Kraft zu mühen, um die Stellung der Religion zu sichern, ihre Interessen zu fördern und ihre Stufe in den Augen der Welt zu erhöhen. Desgleichen ist es ihre Pflicht, die Lebensverhältnisse ihrer Untertanen zu erforschen und sich mit den Belangen und Tätigkeiten der verschiedenen Gemeinschaften in ihren Herrschaftsbereichen vertraut zumachen. Wir rufen die Offenbarungen der Allmacht Gottes - die Herrscher und Regenten auf Erden - auf, sich zu regen und alles, was in ihrer Kraft steht, zu tun, um die Zwietracht zu bannen und die Welt mit dem Licht der Einheit zu erleuchten. jeder hat die Pflicht zu befolgen, was aus Unserer Erhabensten Feder floß, und sich fest daran zu halten. Gott, der Wahre, ist Mein Zeuge und jedes vorhandene Atom ist bewegt zu bekunden, daß die Mittel, die die Erhöhung, den Fortschritt, die Erziehung, den Schutz und die Wiederbelebung der Völker auf Erden bewirken, von Uns klar dargelegt und von der Feder der Herrlichkeit in den heiligen Büchern und Sendbriefen offenbart worden sind. Wir bitten Gott, Seinen Dienern gnädig beizustehen. Was dieser Unterdrückte von jedem erwartet, ist Gerechtigkeit und Redlichkeit. Keiner darf sich mit bloßem Zuhören begnügen; vielmehr sollte jeder darüber nachdenken, was dieser Unterdrückte offenbart hat. Ich schwöre bei der Sonne des Wortes, die hoch am Horizont über dem Reiche des Allerbarmers scheint: Wäre ein Ausleger oder Sprecher zu erkennen gewesen, hätten Wir Uns nicht der Kritik, dem Gespött und der Verleumdung des Volkes ausgesetzt."¹ Soweit das Zitat.
¹ vgl. Botschaften aus Akká 8:63-65Mit diesen Sätzen wird ein Leitfaden zu den Prinzipien, Ideen, Lebensregeln, Verhaltensweisen und Zielen dieser Glaubensgemeinschaft an die Hand gegeben. Wenn wir hingegen die Sache aus Berichten und Geschichten, die in aller Munde sind, kennenlernen wollen, wird die Wahrheit durch deren mannigfaltige Unterschiede und Widersprüche völlig verdeckt und verborgen bleiben. Darum ist es am besten, die Prinzipien und Ziele dieser Gemeinschaft aus dem Inhalt ihrer Lehren, Abhandlungen und Sendschreiben zu erschließen. Es gibt keine Autorität oder irgendwelche Beweise oder Texte, die diesen überlegen wären, denn sie sind die Grundlage der Grundlagen, der letztgültige Maßstab. Man kann das Ganze nicht aufgrund der Reden oder Taten einzelner beurteilen, denn die Verschiedenartigkeit der Standpunkte ist eine Eigenheit des Menschengeschlechtes, sie gehört zum Menschsein.
ATN +167Jedenfalls wurden Bahá'u'lláh und alle, die bei Ihm waren, zu Beginn des Jahres zwölfhundertfünfundachtzig [d.H.= 1868 A.D.] von Adrianopel nach Akká und Mirza Yahyá zur Festung Famagusta gebracht, und dort blieben sie. Aber nach einer Weile wurden in Persien verschiedene Personen, die die Dinge durchschauten, für ihre weise Politik bekannt waren und wußten, wie es sich mit den früheren und späteren Geschehnissen wirklich verhielt, in der Gegenwart der Majestät des Königs vorstellig und sagten: "Was bislang in der königlichen Gegenwart hinsichtlich dieser Sekte berichtet, erzählt, behauptet und vorgebracht wurde, war entweder übertrieben oder [von den Zuträgern] mit Rücksicht auf [persönliche] Pläne und Vorteile erfunden. Würde der König höchstselbst die Angelegenheit untersuchen, so stellte sich, wie man meint, vor seinen Augen klar heraus, daß diese Glaubensgemeinschaft keine weltlichen Ziele verfolgt und keinerlei Interesse an politischen Angelegenheiten hat. All ihr Tun und Lassen, ihre Geistesart und ihr Verhalten drehen sich ausschließlich um geistige Dinge und sind beschränkt auf Gewissensangelegenheiten; es hat nichts mit den Angelegenheiten der Regierung zu tun, nichts mit der Macht des Thrones. Ihre Prinzipien schreiben vor, Schleier zu entfernen, bestimmte Eigenschaften zu verwirklichen, die Seelen zu erziehen, den Charakter neu zu formen, das Herz zu läutern und Licht zu schaffen durch Aufklärung. Des Königs Würde entspricht - und seinem weltordnenden Diadem ist angemessen -, daß sämtliche Untertanen aller Klassen und Bekenntnisse in den Genuß seiner Freigebigkeit gelangen und in größtem Frieden und Wohlstand unter dem weiten Schatten seiner Gerechtigkeit [verweilen]. Denn Gottes Schatten ist Zuflucht für alle Lebewesen auf Erden und Asyl für die ganze Menschheit; er ist nicht nur für eine Gruppe da. Die wahre Natur insbesondere dieser Glaubensgemeinschaft ist inzwischen deutlich sichtbar und ihre wahren Lehren sind wohlbekannt; alle ihre Schriften und Traktate sind [uns] wiederholt in die Hände gefallen und befinden sich im Besitz der Regierung. Wenn man sie sorgfältig liest, wird sich ihr Inhalt und ihre tiefe Wahrheit klar herausstellen. Die Blätter sind angefüllt mit dem Verbot von Aufwiegelei, [mit Empfehlungen zu] aufrechtem Verhalten unter den Menschen, Gehorsam, Ergebenheit, Loyalität und lobenswerten Eigenschaften, mit Ermutigungen zum Erwerb preiswürdiger Fertigkeiten und Charaktermerkmale. Sie haben überhaupt keine Beziehung zu politischen Fragen und beschäftigen sich keineswegs mit Dingen, die Unruhe oder Aufruhr hervorrufen könnten. Unter diesen Umständen gibt es für eine gerechte Regierung keine Entschuldigung und keinen Vorwand [für die weitere Verfolgung dieser Sekte], es sei denn [sie erhöbe den Anspruch auf das Recht], sich in Gedanken und Gewissen, ureigenster Besitz von Herz und Seele, einzumischen. Und was dies betrifft: Es hat [schon] viele Eingriffe gegeben und unzählige Anstrengungen wurden unternommen. Wieviel Blut wurde vergossen! Wieviele Köpfe wurden gehängt! Tausende wurden erschlagen; Tausende Frauen und Kinder wurden obdachlos oder zu Gefangenen; wieviele Häuser wurden zerstört; wieviele edle Geschlechter und Familien verloren Haupt und Heim! Und doch hat es nichts und niemandem genützt; kein Heilmittel gab es für diese Krankheit, keinen Balsam für diese Wunde. Pflicht und Aufgabe der Regierung ist es, Gewissensfreiheit und Seelenfrieden [zu sichern], was zu allen Zeiten die Voraussetzung für den Fortschritt und den Einfluß auf andere Länder ist. Auch andere zivilisierte Staaten haben erst dann ihre hervorragende Stellung erlangt und den hohen Grad an Macht und Einfluß erreicht, als sie den Sektenstreit bei sich aus der Welt schafften und alle Gesellschaftsschichten nach gleichem Richtmaß behandelten. Alle sind ein Volk, eine Nation, eine Art und eine Gattung. Allen gemeinsam ist das Interesse an völliger Gleichberechtigung; Gerechtigkeit und Gleichheit unter den Menschen gehören zu den wichtigsten Mitteln, das Reich zu fördern und sein Hoheitsgebiet anszudehnen. Wenn an irgendeiner Stelle Streit unter den Erdenbewohnern ausbricht, ist eine gerechte Regierung gefordert, sofort einzuschreiten; wenn jemand hingegen alles tut, um das, was vordringlich ist, zu leisten, verdient er die königliche Gunst und ist reicher Geschenke wert. Die Zeiten haben sich geändert, wie sich auch die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Welt geändert haben. Eingriffe in Glaubensdinge verursachen überall nichts als Schaden, während gerechte und gleiche Behandlung aller Völker auf Erden Fortschritt bewirkt. Es ist richtig, bei politischen Parteien Vorsicht walten zu lassen und sich um materialistische Sekten Sorgen zu machen; denn die einen haben nur Einmischung in politische Angelegenheiten und öffentliches Aufsehen im Sinn, während die anderen mit ihrem Tun und Lassen die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährden. Aber diese Glaubensanhänger schreiten sicher auf ihrem Pfad, sind fest gegründet in ihrem Verhalten und ihrem Glauben, sind gottesfürchtig, opferbereit, verläßlich und beständig, in einem Maße, daß sie freimütig ihr Leben hingeben und auf ihre Weise Gott wohlgefällig zu sein suchen; sie sind strebsam und ernsthaft bei der Sache; sie sind der Gehorsam selbst und geduldig in Not und Leid; sie opfern klaglos ihr Leben ohne Beschwerde; sie sprechen nur, was ihnen wirklich am Herzen liegt, und trachten nach dem, was ihnen ihr Oberhaupt wies. Darum ist es notwendig, auf ihre Lehren und ihr Oberhaupt zu achten, und nicht aus einer unbedeutenden Sache einen Vorwand abzuleiten. Da nun das Verhalten des Oberhauptes, die Lehren Seiner Sendbriefe und der Inhalt Seiner Schriften offenbar und wohlbekannt sind, ist ihre Handlungsweise klar und deutlich wie die Sonne. Alles, was man ihnen reichlich antat durch Entmutigung, Abschreckung, Ausrottung, Einschüchterung, Rüge, Mord, Vertreibung, Prügel und was sonst noch möglich und machbar war, hat nichts genützt. Als man in anderen Ländern sah, daß strenge Verfolgung in solchen Fällen nur anspornend wirkte und daß Nichtbeachtung wirksamer war, kühlte sich das Revolutionsfeuer ab. Darum verkündete man überall gleiche Rechte für alle Konfessionen und Freiheit für alle Gesellschaften aus Ost und tuest. Das hiesige Geschrei, der Lärm und Aufruhr, diese Feuersbrunst sind die Folgen von Hetze, Verführung, Aufstachelung und Provokation. Dreißig Jahre lang war keine Rede von Aufruhr oder Aufstand, nichts deutete auf Umsturz. Obwohl die Gemeinschaft stark angewachsen ist und sich ihre Anhängerschaft verdoppelt hat, blieb sie auf Grund vieler Ermahnungen und Ermutigungen zur Tugend äußerst ruhig und fest. Sie haben Gehorsam zu ihrem Wesenszug gemacht und sind höchst ergeben des Königs treue Untertanen. Aus welchen rechtmäßigen Gründen kann die Regierung sie weiter bedrängen oder ihre Kränkung zulassen? Überdies behindert der Eingriff in das Gewissen und den Glauben der Völker und die Verfolgung von Glaubensgemeinschaften die Ausdehnung des Reichs, hemmt die Eroberung anderer Länder, vereitelt die Mehrung der Untertanen und läuft den wohlbegründeten Prinzipien der Monarchie zuwider. Zu der Zeit, als die mächtige Regierung Persiens nicht in Gewissensangelegenheiten [der Menschen] eingriff, entstanden und lebten unterschiedliche Sekten unter dem Banner des großen Königs, und [viele] verschiedene Völker ruhten und dienten unter dem Schutz dieser mächtigen Regierung. Die Größe des Reiches nahm täglich zu; der überwiegende Teil des asiatischen Kontinents stand unter der gerechten Herrschaft seiner Verwaltung; und unter den Untertanen des Trägers seiner Krone waren fast alle Religionen und Rassen [vertreten]. Aber als Einmischung in die Glaubensbekenntnisse der Sekten zur Gewohnheit und die Gesinnungsschnüffelei regelrecht zur Mode wurde, begann das ausgedehnte Herrschaftsgebiet Persiens zu schrumpfen, viele Provinzen und große Gebiete entglitten ihm, bis es soweit kam, daß die großen Provinzen Túrán, Assyrien und Chaldäa verloren waren, bis - wozu so weitschweifig? - der größere Teil der Region Khurásán ebenfalls der Kontrolle der persischen Regierung entglitt, nur wegen der Einmischung in Gewissensangelegenheiten und dem Fanatismus seiner Gouverneure. Denn für die Unabhängigkeit Afghanistans und den Aufstand der turkmenischen Stämme war genau dies der Grund, anderenfalls hätten sie sich niemals von Persien abgespalten. Was könnte es angesichts der offensichtlichen Schädlichkeit für einen Grund geben, die Harmlosen zu verfolgen? Aber wenn wir die Verdammungsurteile [der Schriftgelehrten] in Kraft setzen wollten, könnte kein Mensch den Fesseln und Ketten und der Schärfe des Schwertes entgehen, denn in Persien gibt es verschiedene Glaubensgemeinschaften neben dieser, wie die Mutasharrí, die Shaykhí, die Súfí, die Nusayrí und andere, deren jede die anderen als Ungläubige betrachtet und sie des Frevels zeiht. Was hat die Regierung unter diesen Umständen für einen Anlaß, die eine oder die andere zu verfolgen oder sich über die Gedanken und das Gewissen dieser Untertanen zu bekümmern? Alle sind sie Untertanen des Königs und stehen unter dem Schatten des königlichen Schutzes. Jeder, der hört und gehorcht, sollte ungestört bleiben und nicht belästigt werden, jeder aber, der aufrührerisch und ungehorsam ist, verdient Strafe aus der Hand der Majestät des Königs. Vor allem haben sich die Zeiten völlig geändert, Prinzipien und Institutionen haben sich gewandelt. In allen Ländern verhindern solche Aktionen Entwicklung und Fortschritt, sie verursachen Niedergang und Verfall. Hauptursache und Quelle für die heftige Erschütterung, welche die Stützpfeiler der Regierungen des Orients ins wanken gebracht haben, sind in der Tat jene Gesetze und Gewohnheiten, sich in alles einzumischen. Jener Staat [England] indessen, dessen Herrschaft über den Atlantik und die Ostsee ihren Sitz in den fernsten Regionen des Nordens hat, konnte auf Grund der Gleichbehandlung seiner verschiedenen Untertanen und der Einführung gleicher politischer Rechte für die vielfältigen Nationalitäten ausgedehnte Kolonien auf allen fünf Kontinenten der Welt erwerben. Wo ist diese kleine Insel im Nordatlantik und wo das weite Gebiet Indiens im Osten? Kann ein so großes Gebiet anders als durch gleiches Recht für alle Völker und Klassen errungen werden? Jedenfalls haben sie durch die Mittel gerechter Gesetze, Gewissensfreiheit, Gleichbehandlung und Billigkeit gegenüber allen Nationalitäten und Völkern beinahe alle bewohnten Weltgegenden unter ihre Herrschaft gebracht und auf Grund dieses Freiheitsprinzips täglich gewonnen an Kraft, Macht und Ausdehnung ihres Imperiums, und die meisten Völker des Erdkreises preisen den Namen dieses Staates für seine Gerechtigkeit. Was religiösen Eifer und wahre Frömmigkeit betrifft, so sind ihr Prüfstein und ihr Beweis Festigkeit und Standhaftigkeit in edlen Eigenschaften, Tugenden und Vollkommenheiten - die größten Segnungen für das Menschengeschlecht -, nicht aber Einmischung in den Glauben des einen oder anderen, die Zerstörung von Häusern und die Verstoßung aus der Menschheit. Im Mittelalter, das mit dem Fall des [west]römischen Reiches begann und mit der Eroberung Konstantinopels durch [die Anhänger des] Isláms endete, wütete in allen Ländern Europas nah und fern grimmige Intoleranz und Unterdrückung, geschürt durch den überragenden Einfluß religiöser Führer. Die Sache spitzte sich so zu, daß die Feste der Menschlichkeit allmählich zerbrach, daß Friede und Wohlergehen von Fürst und Vasall, König und Untertan hinter dem Schleier der Vernichtung verschwanden. Angst und Sorge marterten alle Welt bei Tag und Nacht; die Zivilisation lag völlig darnieder; Ordnung und Herrschaft der Länder waren vernachlässigt, die Grundvoraussetzungen für das Glück des Menschengeschlechts nicht mehr gegeben, die Stützen der königlichen Autorität erschüttert, aber Einfluß und Macht der Religionsführer und Mönche waren überall ungebrochen. Als sie aber diesen Unfrieden, die Verfolgungen und den religiösen Fanatismus aus ihrer Mitte verbannten und gleiches Recht für alle Untertanen und die Gewissensfreiheit des Menschen verkündeten, ging das Licht der Kraft und Herrlichkeit auf und leuchtete von den Horizonten des Reiches, so daß diese Länder in jeder Hinsicht Fortschritte machten; und während sich einst die mächtigste Monarchie Europas der kleinsten Regierung Asiens demütig unterwarf, sind nun die großen Staaten Asiens nicht in der Lage, den kleinen Staaten Europas entgegenzutreten. Dies sind wirklich hinreichende Beweise dafür, daß das Gewissen des Menschen heilig und unantastbar ist, daß seine Freiheit dazu führt, den geistigen Horizont zu weiten, die Sitten zu verbessern, das Verhalten zu verfeinern, die Geheimnisse der Schöpfung zu enthüllen und die verborgenen Wahrheiten der bedingten Welt zu entdecken. Überdies, wenn das Gewissen, ureigenster Besitz von Herz und Seele, Verhören unterworfen wird, was bleibt dem Menschen dann an Lohn und Strafe am Hofe göttlicher Gerechtigkeit am Tag der allgemeinen Auferstehung? Überzeugungen und Ideen liegen in der Kompetenz des Königs der Könige, nicht der Könige, und Seele und Gewissen liegen in der prüfenden Hand des Herrn der Herzen, nicht [Seiner] Diener. So sind in der Welt des Daseins keine zwei Menschen zu finden, die völlig einmütig wären im Denken und Glauben. `Die Wege zu Gott sind wie die Zahl der Atemzüge [Seiner] Geschöpfe`¹, ist eine mystische Wahrheit, und `jedem [Volk] gaben Wir [besondere] Bräuche`², drückt der Quran es scharfsinnig aus. Wenn die große Energie und wertvolle Zeit, die mit der Verfolgung anderer Religionen ohne Ergebnis und für nichts vergeudet wurde, darauf verwendet worden wäre, die Grundlagen der Monarchie zu sichern, den kaiserlichen Thron zu festigen, den Reichen des Souveräns Wohlstand zu verschaffen und die Untertanen des Königs zu erquicken, dann wäre das königliche Herrschaftsgebiet erblüht, die Saat auf den Feldern des Volkes wäre durch die freigebige königliche Gerechtigkeit bewässert und die Pracht des Königreiches Persien erschiene sichtbar wie der wahre Morgen am Horizont der Welt."
¹ Hadith ² Quran 22:35
ATN +168Jedenfalls haben einige Leute von solchen Fragen und Überlegungen berichtet. Aber wir wollen zu unserem Thema zurückkehren. Dem edlen König gefiel es, das verborgene Geheimnis persönlich zu untersuchen. Nach dem übermittelten Bericht stellte sich in der [königlichen Gegenwart klar heraus, daß die meisten Verdächtigungen auf die Intrigen einflußreicher Persönlichkeiten zurückgingen, die sich, von Wahn umnebelt, ständig damit beschäftigten, Sachen zu erfinden und Verdächtigungen über die Gemeinde auszustreuen, und die um ihres eigenen Vorteils willen und um ihre Stellung zu erhalten, im Spiegel ihrer Einbildungen aus einer Mücke einen Elefanten und aus einem Splitter einen Balken zu machen pflegten. Weder bestand für diese Verdächtigungen der geringste Grund noch für diese Behauptungen irgendein glaubwürdiger Beweis. Welche Macht, welches Vermögen sollten die Hilflosen haben, wie kühn und stark sollten arme Untertanen sein, daß sie die Macht des Souveräns schädigen oder den Streitkräften der Krone entgegentreten könnten ?
ATN +169Seit damals sind die Unruhen in Persien abgeflaut, Lärm und Streit haben sich gelegt, wenn auch gelegentlich beamtete Schriftgelehrte [immer noch] zu ihrem persönlichen Vorteil das Volk aufwiegeln, Zetergeschrei anstimmen und mit ihren Zudringlichkeiten ein oder zwei Mitglieder dieser Sekte belästigen, wie es vor zehn oder zwölf Jahren in Isfahán geschah. In Isfahán lebten damals zwei Brüder, Siyyids aus Tabátabá, Siyyid Hasan und Siyyid Husayn, dort gerühmt als gottesfürchtig, vertrauenswürdig und edel; wohlhabende Männer, die ein Handelsgeschäft betrieben und sich allen Menschen gegenüber vollendet freundlich und höflich betrugen. Und allem Anschein nach hatte kein Mensch jemals bei den beiden Brüdern etwas wahrgenommen, das nicht gut gewesen wäre, oder an ihrem Verhalten das Geringste, das Folter und Strafe verdient hätte, denn, so wird berichtet, alle [maßgeblichen Leute] mußten ihre lobenswerten und preiswürdigen Eigenschaften anerkennen; ihre Taten wirkten wie Ermahnungen. Die beiden standen in geschäftlicher Verbindung mit Mír Muhammad Husayn, dem Imám-Jum'ih von Isfahán, und als man daranging, abzurechnen, stellte sich heraus, daß er ihnen achtzehntausend Túmán schuldete. Sie stellten [daher] den Geschäftsverkehr ein, setzten einen Schuldschein über die Summe auf und baten um seine Unterschrift. Das war bitter für den Imám-Jum'ih, er wurde wütend und zum Feind. Als er erkennen mußte, daß er Schulden hatte und ihm nichts anderes übrig blieb, als zu zahlen, fing er an zu zetern und schrie: `Diese beiden Brüder sind Bábí und verdienen, vom König schwer bestraft zu werden.` Unversehens fiel eine Rotte über ihr Haus her, plünderte und raubte ihr Hab und Gut, versetzte ihre Frauen und Kinder in Angst und Schrecken und verwüstete ihren ganzen Besitz. Als er dann fürchtete, daß die Brüder die Strafaktion vor den Thron des Königs bringen und Entschädigung fordern könnten, begann er [der Imám-Jum'ih] darüber nachzudenken, wie er sie umbringen und vernichten könnte. Also überredete er einige Schriftgelehrte zum Mitmachen, und sie verkündeten das Todesurteil. Dann verhafteten sie die beiden Brüder, legten sie in Ketten und brachten sie vor die öffentliche Versammlung. Doch so gern sie ihnen eine Schuld anhängen, einen Fehler entdecken oder einen Vorwand finden wollten, es gelang ihnen nicht. Am Ende sagten sie: `Entweder widerruft ihr diesen Glauben, oder ihr werdet zur Strafe mit dem Schwert geköpft.` Obwohl einige Anwesende sie drängten und sagten: `Sagt nur: Wir gehören nicht zu dieser Sekte, das genügt und ihr seid frei und sicher`, wollten sie dem auf keinen Fall zustimmen und brachten dies beredt und klar zum Ausdruck, so daß der Imám-Jum'ih überkochte vor Wut; und nicht genug damit, daß sie sie töteten, sie schändeten danach ihre Leichname auf unsägliche Weise; dies im einzelnen zu schildern, fehlen die Worte. So wurde denn das Blut der beiden Brüder vergossen, daß selbst der christliche Priester von Julfá an diesem Tag aufschrie, klagte und weinte; solcherart war das Geschehen, daß jedermann das Schicksal der beiden Brüder beweinte, denn ihr ganzes Leben lang hatten sie niemals jemandes Gefühle verletzt, keiner Fliege etwas zuleide getan - im Gegenteil, alle berichten, daß sie während der Hungersnot in Persien all ihren Reichtum für die Armen und Notleidenden ausgegeben hatten. Doch ungeachtet solchen Rufes wurden sie in aller Öffentlichkeit grausam erschlagen!
ATN +170Aber nun hat schon seit langem die Gerechtigkeit des Königs vorgebeugt und derartiges verhindert; niemand wagt mehr solche schweren Übergriffe.¹
¹ Der englische Text schließt mit der Grußformel VALE.
GLOSSARAbdu'l-Karím, Mullá (55): Auch bekannt unter dem Namen Mirza Ahmad-i-Kátib (`der Schreiber` weil er früher Sekretär des Báb und später Subh-í-Azals war), starb im August 1852 in Tihrán als einer der 28 Bábí, die im Anschluß an das Attentat auf den Sháh den verschiedenen Ständen zur Hinrichtung überlassen wurden - er fiel den Artilleristen zu. (Vgl. Nabíls Bericht 26:20 und Anm.)
Adkán (51): Der Ruf zum GebetAlif (75): Im arabischen und persischen Alphabet der erste Buchstabe, ein vertikaler Strich. Er wird als Symbol für den einen Gott gebraucht.
Amír: Herr, Prinz, Befehlshaber, RegentAntichrist (Dajjál) und sein Esel (42): Nach Traditionen wird er als sechzigstes Zeichen vor der Erscheinung des Imám Mahdí auftreten und in Hungersnöten mit Bergen von Brot vor allem Juden, Frauen, Araber und Nomaden verführen. Sein Esel zeichnet sich durch ein märchenhaftes Leopardenfell und eine Schrittlänge von einer Meile aus.
Aqá: ein Titel wie Mullá oder HerrBábíyyat (12): `Stufe des Tores`. Nach orthodoxer schiitischer Lehre verkehrte der `verborgene` zwölfte Imám zunächst durch vier Vermittler oder `Tore` mit den Gläubigen (- Verborgenheit). `Die Tore` waren Uthmán ibn Sa'id, sein Sohn Muhammad ibn Uthmán, Husayn ibn Rúh und Alí ibn Muhammad Símarí. In den Schriften des Báb gewinnt der Begriff allmählich eine neue, sehr viel weitergehende Bedeutung.
Das Deutliche Buch (47, 104): Der QuranDeutliche Religion (7, 35, 44, 115): Der Islám (dt.`Ergebung` )
Furqán (126, 134): Der Quran als Unterscheidungsnorm für wahr und falsch (vgl. Quran 25:1)
Gesetz, leuchtendstes, klares, ruhmreiches: Das göttliche Gesetz, wie es im Quran niedergelegt ist
Hájí: Titel eines Muslim, der die Pilgerreise nach Mekka vollzogen hat.
Herr des Zeitalters (12): (Sáhibu'z-Zamán), ein Titel des zwölften Imáms, Bezeichnung für den Báb
Husayn ibn Rúh (42) : Einer der vier `Tore` ; -- Verborgenheit
Hüter und Helfer (42): Sie gehören zwei Kategorien der Unsichtbaren Welt an. Die Hüter `kennen den Inneren Namen`, blicken in die Herzen der Menschen und lesen geheime Gedanken, kein Schleier trennt sie von den Mysterien. Die Helfer helfen den Menschen aus Mitleid die Bürden tragen. Sie umrunden in einer Woche die ganze Erde und erscheinen, auf Wolken reitend, jeden Freitag zum Freitagsgebet vor dem Imám Mahdí.
Ibn Mihrí'yár (42): Ein Mann aus Ahváz, glaubte mit dem `Verborgenen Imám` während dessen `Kleiner Verborgenheit` in Verbindung zu stehen (- Verborgenheit). Er war keiner der `Tore`.
Jábulqá und Jábulsá (42): mystische Städte im äußersten Westen und äußersten Osten, die den Nachkommen Thamúds und 'Áds, den Söhnen Moses, auf der Flucht vor Nebukadnezar von Gott zugewiesen wurden. In ihnen herrscht im Glauben an die Einheit Gottes Gleichheit und Gerechtigkeit. In Jábulqá und Jábulsá lebt der zwölfte Imám in seiner Verborgenheit, um bei seinem Auftreten als Mihdi `Ost und West zu erobern` (- Verborgenheit).
Ja'far (14, 42, 56): Ja'far-i-Sádiq, der sechste Imám, Sohn des fünften Imáms Muhammad Báqir. Er wurde 140 d.H. (757) auf Befehl des Abbásiden-Kalifen Mansúr vergiftet. Die Schiiten sprechen von der `Religion Ja'fars`, weil Ja'far-i-Sádiq sich hauptsächlich um die Auslegung der Gebote Gottes kümmerte und so der wahren Lehre (des Islám) Geltung verschaffte.
Kalantar (47) : BürgermeisterKázimayn ( 104): Etwa 5 km nördlich von Baghdád gelegene, überwiegend von Persern bewohnte Stadt, deren Mittelpunkt die Gräber des 7. und des 9. Imáms, Músá Kázim und Muhammad Taqí, in der `Moschee der zwei Kázims` bilden.
Kawthar (14, 123) : Quellstrom des Paradieses, Name der Sure 108 des Quran
Khán: Ursprünglich ein Adelstitel, Bezeichnung für Stammeshäuptling, darüber hinaus ein Ehrentitel für Herr
Kinár-Gird (27) : Station auf einer alten, weiter östlich verlaufenden Straße von Isfahán nach Tihrán, etwa 45 km vor der Hauptstadt
König der Märtyrer (44 ): Husayn, Sohn Alís and Fátimas, der Tochter des Propheten; der dritte der heiligen Imáme. Er fiel als Märtyrer bei Karbilá am 10. Oktober 680.
Kuláh (72) : Persische Lammfellmütze, Tracht der Nicht-Geistlichen
Mihdí (in der Literatur meist Mahdi, `der Rechtgeleitete`; 39, 42): Die seit frühislámischer Zeit erwartete messianische Gestalt, deren Auftreten mit dem Jüngsten Gericht und der Errichtung eines tausendjährigen Reiches der Gerechtigkeit verbunden wird. Im Schiismus bezeichnet der Begriff den zwölften Imám, der 260 d.H. verschwand und seither in der `Verborgenheit` lebt (- Verborgenheit).
Mirza: Abkürzung von Amír-Zádih = Sohn eines Amírs; nach dem Namen stehend bedeutet es Prinz; vor dem Namen Herr.
Mujtahid: Doktor des islámischen Rechts mit der Befugnis, in theologischen und Rechtsfragen zu urteilen
Mullá: Geistlicher im Islám, Theologe und Friedensrichter
Múrckih-Kkár (25): Die zweite Station auf der Straße von Isfahán nach Norden, etwa 52 km von Isfahán entfernt.
Pfad, der wohlbegründete (115): Der IslámPunkt (75): In mystischer Vorstellung ist im ersten diakritischen Zeichen des ersten Verses der ersten Sure schon der ganze Quran enthalten, der gewissermaßen aus diesem `Punkt` entsteht. Ein Titel des Báb ist der `Erste Punkt, daraus alles Erschaffene gezeugt ward`.
Qá'im (44): `Der sich erheben wird`, der Verheißene im schiitischen Islám, ein Titel des Báb
Qishláq (75): Winteraufenthaltsgebiet in den wärmeren Gegenden am Kaspischen Meer; Hauptort des Qishláq von Núr ist Khurramábád.
Reine (heilige) Abstammung (3, 41, 42): bezeichnet eine(n) Siyyid, Abkömmling des Propheten Muhammad
Schreine, Erkabenste, Heiligste (47, 69, 77): Unter dem Begriff Atabát Alíyát (wörtlich Heiligste Schreine) verstehen die schiitischen Muslime die Grabstätten der heiligen Imáme in den Städten Kázimayn, Najaf und Karbilá im Osten des Iráq um Baghdád; er wird allgemein auf die Gegend des östlichen Iráq mit dem Zentrum Baghdád angewandt. Als Bahá'u'lláh aus dem Gefängnis entlassen und aus Persien verbannt wurde, wählte Er Baghdád als Ort Seines Exils.
Skaykk Tabarsí (51): ein Schrein etwa 22 km südöstlich von Bárfurúsh in Mázindarán gelegen, Schauplatz des heroischen Kampfes zwischen einigen hundert Bábí unter Quddús und Mullá Husayns Führung gegen eine Übermacht persischer Streitkräfte, wie er in Nabíls Bericht, Kapitel 19 und 20, geschildert wird.
Skaykk: Ehrwürdiger Alter, Autoritätsperson, Häuptling, Professor, Vorsteher eines Derwischordens
Skaykkí: Gemeinschaft innerhalb der Schia, begründet durch Shaykh Ahmad-i-Ahsá'í (1752/53-1826/27).
Shikastih (55): Eine kursive Schrift, die am Ende des 17. Jahrhunderts von einem Gouverneur in Hirát eingeführt worden sein soll.
Siegel der Propheten (92, 145, 146): Muhammad, vgl. Quran 33:40. Für Muslime bedeutet dieser Titel, daß nach Muhammad kein Prophet mehr erscheinen wird, nach Auffassung der Bahá'í, daß Muhammad den prophetischen Zyklus abschloß, in welchem alle heiligen Schriften auf den mit dem Auftreten des Báb angebrochenen Zyklus der Erfüllung vorausweisen.
Siyyid: Titel eines Abkömmlings des Propheten Muhammad
Sufyán (42) : ein grausamer, gottloser Herrscher, der zur Endzeit die Städte Arabiens zerstören und die Schiiten verfolgen wird. Sein Auftreten ist eines der Zeichen vor dem Erscheinen des Imám Mahdí.
Túmán (18, 169): Persische Währungseinheit, entsprach etwa dem Dollar.
Ulamá: Pluralform von Alím, Geistlicher, Gelehrter
Verborgenheit (42): Nach schiitischem Glauben schwand der zwölfte Imám 260 d.H. (872) in Sámarrá am Tigris dem Volk aus den Augen und lebt seither verborgen in zwei mystischen Städten namens Jábulqá und Jábulsá (siehe dort). Er war aber noch 69 Jahre lang, eine Zeit der `Kleinen Verborgenheit` (al-Ghaiba al-Qasira ), durch vier einander folgende `Tore` (Ahváb, Plural von Báb) erreichbar. Nach dem Tod des vierten Tores 329 d.H.(872) dauert die `Große Verborgenheit` (al-Ghaiba al-Kubrá) bis zu seiner Wiederkehr nach tausend Jahren.
Vierter Pfeiler (arab. ar-Rukn ar-Rábí', die persische Form lautet Rukn-i-Rábí'; 7): Die orthodoxe Schia kennt fünf `Pfeiler` oder Prinzipien der Religion (úsúl ad-dín) : Glaube an die Einheit Gottes (tawhíd), das Prophetentum (mu- buwwa), die Auferstehung (ma'ád), das Imamat (Imáma) und die Gerechtigkeit Gottes ('adl). Shaykh Ahmad, der Begründer der Shaykhi-Schule, führte zwei dieser Prinzipien, die `Einheit Gottes` und die `Gerechtigkeit Gottes`, logisch auf die Erkenntnis `der Einheit Gottes` zurück. Die `Auferstehung` verstand er als Teil der prophetischen Lehre, sie ließ sich daher auf das `Prophetentum` zurückführen. Damit reduzierten sich die `Pfeiler der Religion` auf drei: Glaube an die `Einheit Gottes`, Glaube an das `Prophetentum`, Glaube an das `Imamat`. Dazu kam als `vierter Pfeiler` der Glaube an das Prinzip der ständigen Präsenz eines `vollkommenen Schiiten` (ask-Shi'í al-Kámil) in der physischen Welt hinzu, der oft als Mittler zwischen dem verborgenen Imám und seiner Gemeinde gedacht wird. Die exakte Bedeutung des `vierten Pfeilers` ist in den verschiedenen Gruppierungen der Shaykhíyah strittig.
Weiße Hand (156): Zum Zeichen Seiner göttlichen Autorität erschien Moses Hand weiß, `aussätzig wie Schnee`, vgl. 2.Mose 4:6; Quran 7:108, 20, 22, 26:33, 27:12, 28:32
Zier der Anbetenden (150): Ehrentitel Alí ibn Husayns, Zaynu'l-Abidín, gest. 95 d.H. (712), der vierte Imám.
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